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Diskussion und Entscheidung 2019/2020
Meinungsbild 2019
Bei der Diskussion am "Runden Tisch" am 6. Juni 2019 bot das Stadtarchiv allen Teilnehmenden an, kurze Statements zum Umgang mit Kriegerdenkmälern zu veröffentlichen
(Die eingegangenen Statements bzw. autorisierte Veröffentlichungen von Meinungen aus dem Protokoll zum Gespräch am 6. Juni 2019 sind in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet)
Dr. Alexandra Bloch Pfister
Mitglied der Autorengruppe "Kriegerdenkmäler in der Friedensstadt"
Die vielfach kriegsverherrlichenden und revisionistischen Aussagen der Kriegerdenkmäler sind in der heutigen Zeit nicht mehr verständlich und können missverstanden werden: Sie sind einer demokratischen Gesellschaft nicht würdig. Die Stadt sollte mit dem eigenen kulturellen Erbe verantwortungsbewusst umgehen und missverständliche sowie eigentlich undemokratische, militaristische Aussagen nicht unkommentiert in der Öffentlichkeit stehen lassen.
Gefordert wird eine klare Stellungnahme und Positionierung seitens der offiziellen Vertreter der Stadt zu den kriegsverherrlichenden, revisionistischen und nicht mehr zeitgemäßen Aussagen der Kriegerdenkmäler, [...] die vor Ort bei den Denkmälern anzubringen ist, z. B. Informations-Tafeln mit Texten und einem QR-Code, der auf die Webseite des Stadtarchivs verlinkt. [...]
Wilhelm Breitenbach
Für Ratsfraktion B´90/Grüne/GAL
Wir Grüne haben die erneute Beschäftigung mit Kriegerdenkmälern in den politischen Gremien mitinitiiert und freuen uns, dass das Stadtarchiv auf seiner Website wie auch mit seinen Broschüren sehr gute Vorarbeit geleistet hat.
Wir sind sicher, dass sich eine demokratisch geübte Stadtgesellschaft mit den Denkmälern als „Reibungspunkte mit der Vergangenheit“ gewinnbringend auseinandersetzen kann. Das belegen sowohl regelmäßige Facharbeiten von Schülerinnen und Schülern im Rahmen des Geschichtswettbewerbs als auch die künstlerische Auseinandersetzung mit den Denkmälern im Rahmen der vergangenen Skulpturprojekte. Eine Entsorgung der Denkmäler etwa im Rahmen eines „Kuriositätenkabinetts“ am Stadtrand ließe diese politischen und didaktischen Chancen ungenutzt.
Manfred Hülsken-Fermer
Mitglied der DFG-VK-Ortsgruppe Münster
"Seit über 30 Jahren ist das sog. TRAIN-Denkmal am Ludgeriplatz, auch HERERO-Denkmal genannt, ein heftig umstrittener "Stein des Anstoßes". Seit genau 10 Jahren erinnert immerhin eine kleine Hinweistafel mit der Überschrift "DEN OPFERN ZUR ERINNERUNG – DEN LEBENDEN ZUR MAHNUNG" an die Völker der Herero und Nama, die im ersten Völkermord des 20sten Jahrhunderts zum großen Teil systematisch umgebracht wurden. In hoffentlich wenigen Jahren wird endlich aus diesem "Krieger-Ehrenmal" ein aufrichtiges DENK!-MAL zur Stärkung des friedenspolitischen Profils der "FRIEDENSSTADT MÜNSTER"!"
Dr. Sabine Kittel
Mitglied der Autorengruppe "Kriegerdenkmäler in der Friedensstadt"
Die Kriegerdenkmäler können nicht weiter unkommentiert im öffentlichen Raum stehen bleiben. Für die Entschlüsselung der symbolischen Botschaften von Kriegerdenkmälern benötigt man Informationen. Auf der Website des Stadtarchivs sollten Kommentare unterschiedlicher Initiativen sichtbar gemacht werden.
Grundsätzlich könnte man neben der Informationsebene auch einen denkmalabhängigen, differenzierten Umgang erwägen: Manche würden womöglich "dringender" als andere eine künstlerische Ergänzung oder deutliche Kommentierung benötigen. Hier ist vorrangig an das Traindenkmal zu denken, in dessen Zusammenhang auch die Initiativen des AKAFRIK zu historisieren seien. Ein Neuarrangieren der "prominenten" Kriegerdenkmäler würden diese womöglich noch aufwerten.
Gebhard Klingsporn
Vorsitzender der Reservistenkameradschaft Münster im Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e. V.
"Die Denkmäler sind Teil unserer Stadtgeschichte. Es ist wichtig zu verstehen, in welcher Zeit und unter welchen Eindrücken unsere Vorfahren damit ein bleibendes Zeichen setzen wollten. Aus den Erfahrungen der Kriege spricht nicht nur Stolz und Trauer, sondern die Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden. Die Denkmäler sind in ihrer bestehenden Form damit gerade in der heutigen Zeit ein wichtiger Bestandteil im Stadtbild von Münster."
Michael Multermann
Vorsitzender der Kreisgruppe Münster im Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e. V.
"Diese Denkmäler sind wichtige Symbole der Erinnerungskultur. In der Auseinandersetzung mit den von ihnen verkörperten Werten und Ansichten regen sie zur Erforschung der Vergangenheit und zur Erinnerung der eigenen Position in der Gegenwart an: Was hat unsere Vorfahren damals bewegt, was davon ist uns heute (immer noch) wichtig, was sehen wir anders? Eine Bilderstürmerei lehnen wir als bevormundend ab."
Prof. Dr. Torsten Porsch
Beauftragter für die sicherheitspolitische Arbeit der Landesgruppe NRW im Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e. V.
"Die aus dem Krieg heimkehrenden Soldaten brachten tiefe Eindrücke von Tod und Gewalt mit nach Hause. Ihr Wunsch, der Nachwelt ihre Zeichen und Symbole zu hinterlassen, ist ebenso nachvollziehbar wie respektabel. Denkmäler entfalten Ihre Wirkung immer im Betrachter. In Münster stellen die Denkmäler daher wichtige Orte der Erinnerung und Mahnung dar. Auch steht es uns nicht zu, diese Symbole für alle folgenden Generationen zu bewerten, daher gilt es, die Denkmäler zu schützen."
Martin Scholz
für DIE LINKE. Ratsfraktion
"Wir wollen die historische und politische Aufarbeitung der Kriegerdenkmale an einem Ort. Die Promenade soll den Bürger*innen zurückgegeben werden. Wir favorisieren ein Freilichtmuseum, das den Besucher*innen (z. B. Schüler*innengruppen) die historischen Bezüge der Kriegerdenkmale (auch untereinander) nahebringt, die politische Rolle des Militärs thematisiert, sowie dazu anregt, Sicherheit neu und anders zu denken."
[DIE LINKE. Ratsfraktion hat ein umfangreiches Thesenpapier zum Thema erstellt, das auf Wunsch bereitgestellt wird.]
Max Twickler
Institut für Didaktik der Geschichte, WWU Münster
"Die Kriegerdenkmale sind Teil der Münsteraner Stadtgeschichte. Auch für die heutige Identität der Stadt als „Friedensstadt“ sind sie wichtig. Die Denkmale als Symbole heute als überkommen wahrgenommener Zeit sollten durch ein zusätzliches Informationsangebot – auch für Passanten – interpretierbar werden. Hilfreich wäre zudem eine fest installierte Denkmalsroute, die weitere Hinweise (z.B. auf das Friedensdenkmal) ermöglichen würde."
Weitere beim Stadtarchiv eingegangene Meinungsäußerungen
Karin Klas
Mitglied Verein Spuren finden e. V.
Warum nicht verschiedene Lösungswege suchen, sinnhaft angebunden an die jeweiligen Denkmäler und ihren Entstehungshintergrund? Erklärend, kommentierend, umdeutend, widersprechend, dekonstruierend. Didaktisch, wissenschaftlich, künstlerisch. Vor allem aber unabgeschlossen, in einem fortlaufenden Prozess und nicht als einmalige Aufarbeitung, die dann irgendwann genauso wenig wahrgenommen wird, wie die Denkmäler selbst. Geschichte ist immer jetzt.