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Gewässerökologie
Stillgewässer und Teiche
Noch bis Mitte dieses Jahrhunderts gehörten Stillgewässer zum Bild der reichstrukturierten mitteleuropäischen Kulturlandschaft. Das Münsterland ist seit jeher durch den hohen Grundwasserstand und das feuchte Klima typischer Verbreitungsraum nährstoffarmer Feuchtbiotope gewesen.
Stillgewässer (Kleingewässer, stehende Gewässer) gehören zu den ökologisch wertvollsten und artenreichsten Lebensräumen in der Kulturlandschaft. Durch Landwirtschaft, Straßenbau oder andere Eingriffe sind jedoch bereits viele Kleingewässer verschwunden. Die noch verbliebenen Gewässer unterliegen einer schleichenden Zerstörung durch Müllablagerungen, Absenkung des Grundwassers, Eintrag von Schadstoffen sowie übermäßigen Nährstoffeintrag in Form von Abwässern und Düngung der angrenzenden Nutzflächen. Die Zerstörung dieser Lebensräume bedroht akut eine Vielzahl von spezialisierten Tier- und Pflanzenarten. Deshalb ist es von dringender Notwendigkeit, den noch vorhandenen Stillgewässern verstärkt Aufmerksamkeit zu schenken.
Ein charakteristisches Landschaftselement des Münsterlandes sind neben natürlichen Teichen eine Vielzahl von Hof-, Lösch- und Fischteichen und Viehtränken. Die Mechanisierung und Intensivierung der Landwirtschaft, die Umwandlung von Grün- in Ackerland, die Maßnahmen der Flurbereinigung sowie die Ausweitung der Bebauungs- und Verkehrsflächen führten zu einer rapiden Beseitigung stehender Gewässer. In den letzen drei Jahrzehnten sind zwischen 60 und 80% aller Tümpel, Teiche, Gräben, Weiher, Altwässer und Kolke zugeschüttet und überbaut worden oder verlandet. Eine besondere Stellung nehmen die auch in Münster relativ häufigen Burg- und Schloßgräften ein. Neben ihrer kulturhistorischen Bedeutung wird oft ihre Bedeutung für den Natur- und Artenschutz unterschätzt. In dem Komplex aus alten Gebäuden und den sie umgebenden Wasserflächen haben viele charakteristische Tier- und Pflanzenarten ihr Refugium gefunden.
Gefährdungsfaktoren
Eine für Stadtgewässer typische Belastungsart ist der Nährstoffeintrag durch große Wasservogelbestände, die nicht wünschenswert sind. Zudem führt das Füttern von Vögeln und Fischen durch Erholungssuchende zu einer erheblichen Belastung eines Stillgewässers, weil sich die einzelnen Futtergaben, über das Jahr gerechnet, zu einigen Tonnen organischer Substanz summieren. Dadurch werden für die Tiere besonders günstige Lebensbedingungen geschaffen; die Besiedlungsdichte ist dann im allgemeinen wesentlich höher als in natürlichen Biotopen. Durch den Kot der Wasservögel und Nahrungsmittelreste wird auch eine Erhöhung der Phosphor- und Stickstoffkonzentrationen hervorgerufen. Das Verbot der Fütterung der Tiere stehender Gewässer ist in die Ortssatzung der Stadt Münster aufgenommen worden.
In den ländlichen Außenbereichen ist die Überfrachtung der Stillgewässer mit Nährstoffen (in erster Linie Phosphor- und Stickstoffverbindungen) ein gravierendes Problem. Im Gegensatz zu Fließgewässern erfolgt aus abflusslosen Stillgewässern nur wenig Abtransport von Nährstoffen und nur eine geringe Verdünnung. Es kommt daher viel schneller zu Eutrophierungserscheinungen, die über eine komplizierte Prozessfolge den Sauerstoffhaushalt eines Gewässers negativ beeinflussen. Gerade die Arten nährstoffarmer Standorte werden immer weiter zurückgedrängt.
Untersuchungsergebnisse
Im Stadtgebiet sind seit 1990 insgesamt 1162 Stillgewässer erfasst worden. Im Gegensatz zum norddeutschen Jungmoränengebiet (z. B. Ostholsteinische und Mecklenburger Seenplatte) fehlen in Münster echte Seen. Fast alle Stillgewässer sind Kleingewässer, die mit geringer Größe und Wassertiefe zu den "Flachgewässern" zählen. Aus limnologischer Sicht sind dies vor allem kleine Teiche, d. h. ablassbare Gewässer und Tümpel, die zeitweise trockenfallen können. Die erfassten Stillgewässer werden nach ihrem unterschiedlichen Typus und Nutzungsarten gegliedert:
Die ökologische Bewertung der Stillgewässer erfolgt mit Hilfe verschiedener Bewertungsmerkmale, wie z. B. Struktur, Ausbaugrad, Vegetation, umgebende Nutzung, Gefährdungs- und Belastungsfaktoren. Abschließend wird jedes Stillgewässer nach dem Grad der Naturnähe einer von vier Klassen zugeordnet.
In der Gesamtübersicht weisen 25 % (1990: 24 %) aller Stillgewässer einen naturnahen, 39 % (38 %) einen bedingt naturnahen, 32 % (33 %) einen naturfernen und 4 % (5 %) einen naturfremden Zustand auf. Durch extreme Witterungsbedingungen im Sommer können bis zu 30 % der Gewässer trockenfallen.
Entwicklungsziele
Neben der Neuanlage von Kleingewässern ist die Wiederherstellung, Erhaltung und Optimierung das primäre Ziel zur Verbesserung der derzeitigen Situation. Dabei ist es wichtig, sich nicht nur auf einzelne Gewässer zu konzentrieren, sondern den Erhalt einer ganzen Gewässerlandschaft anzustreben.
Gerade bei isolierten Lebensstätten wie den Stillgewässern ist es wichtig, dass die Biotopdichte nach ökologisch-funktionalen Gesichtspunkten bestimmt wird, die sich an der Ausbreitungsökologie der einzelnen Arten orientiert. So sind z.B. verschiedene Arten von Wasserinsekten in der Lage, größere Distanzen zurückzulegen, während hingegen Amphibien einen eher eingeschränkten Radius besitzen. Zur Förderung von Amphibien ist daher die gestreute Anlage mehrerer Klein- und Kleinstgewässer einer einzelnen großen Wasserfläche vorzuziehen. Vorteilhaft sind ca. 4 bis 6 eng benachbarte, jedoch nicht wabenartig ineinander verflochtene Gewässer, die ihrerseits vom nächsten Komplex nicht mehr als 3 km entfernt sein sollten.