Seiteninhalt
Von 1864 bis 1914
Initiatoren
Erste Planungen durch das "Komitee zur Errichtung eines Ehrengrabes für Clemens von Ketteler", Protektor: Herzog Ernst Günther zu Schleswig-Holstein
1902: Erlaubnis des Kaisers zum Bau des Ehrengrabs. Umbenennung in "Komittee zur Errichtung eines Ketteler-Denkmals" - Ziel: Bau eines gigantischen "Heldengrabes", erfolglose Spendenaktionen
Die Mutter des Verstorbenen wünschte die Aufstellung des Denkmals im Schlossgarten mit der Front dem Zentralfriedhof zugewandt.
Erst 1903 wurden die Stadt Münster und der Regierungspräsident in die Denkmalplanungen einbezogen.
Gestalter
Erste Planungen des Ehrengrabs durch Hermann Hidding (Berlin). Der Plan erfuhr mehrere Revisionen, gebaut wurde eine stark reduzierte Ausführung.
Gestaltung
Obelisk mit Bronzereliefs, u.a. Reliefporträt des Verstorbenen. Heute ist das Ehrenmal nur noch rudimentär vorhanden. Es sind nur noch vier Flachtreppen sichtbar, die zum Granitobelisken führen. Inschrift auf der Vorderseite.
Es ist ein durch die städtische Denkmalbehörde eingetragenes Baudenkmal.
Einweihung
25. Oktober 1903. Der Geheime Oberregierungsrat Dr. Bödiker aus Berlin hielt eine Rede zum Gedenken an Clemens von Ketteler.
Erinnerungsmotiv
Erinnerung an den 1900 in Peking ermordeten Diplomaten Clemens von Ketteler. Anstelle des schlichten Denkmals wollte das Komitee ursprünglich ein monumentales Grabmal zum Gedenken an den Freiherrn errichten, galt er doch als "Märtyrer" der deutschen Kolonialpolitik. Ketteler sollte mit dem Denkmal zum Symbol für das gerechte Weltmachtstreben stilisiert werden. Der Obelisk wird als "Nationales Denkmal" bezeichnet.
Geschichtlicher Hintergrund
Zeit des Kolonialismus im 19. Jahrhundert
Als Teil deutscher Weltmachtpolitik begann um 1895 das deutsche Engagement in China. Zur Durchsetzung des deutschen Machtanspruchs wurden bewaffnete deutsche Expeditionen entsandt. Der Widerstand der Chinesen unter anderem durch den Geheimbund der so genannten Boxer mündete in den "Boxeraufstand" in China. Während des Boxeraufstandes wurde am 12. Juni 1900 die Gesandschaft belagert.
Am 20. Juni 1900 wurde Ketteler auf dem Weg von der Residenz zum Außenministerium ermordet. Seine Ermordung veranlasste Kaiser Wilhelm II. zu einem Rachefeldzug. Er entsandte 3000 Soldaten nach China, um den Tod Kettelers zu rächen. Das so genannte Expeditionskorps befreite nicht nur die Gesandten, sondern verbreitete Terror, tötete mehrere tausend Zivilisten und plünderte tagelang in der Hauptstadt Peking.
Neben dem Denkmal in Münster gehörte es nach der Niederschlagung des Aufstandes zu den Auflagen an die Chinesen, Ketteler in China ein "Sühnedenkmal" zu errichten. Mit dem Bau dieses Tor-Denkmals in Peking wurde 1901 begonnen. Die Einweihung fand am 19. Januar 1903 statt. Nach Ende des Ersten Weltkriegs wurde das Ketteler-Tor abgetragen und nicht weit vom ehemaligen Standort unter anderem Namen wieder aufgebaut.
Clemens von Ketteler (1853-1900)
- Besuch des Gymnasium Paulinum und des Gymnasiums in Coesfeld
- Eintritt in das Badische Leib-Grenadier Regiment
- Abkommandierung zur Kriegs-Akademie
- 1880: Beginn der Diplomatenlaufbahn beim Generalkonsulat in Shanghai
- Staatsexamen, Legations-Sekretär
- 1892-1895: USA-Aufenthalt
- 1896: Leitung der kaiserlichen Gesandtschaft in Mexiko-City
- Ab 1898: Gesandter in China
Öffentliche Wahrnehmung
Im Rahmen der Metallabgabe während des Zweiten Weltkriegs wurden mehrere Bronzeplatten mit Inschriften und Reliefporträt demontiert und eingeschmolzen.
Das Ehrenmal wurde im Jahr 2002 für 8.500 Euro saniert.
Inschrift
Vorderseite
Zur Erinnerung / an den am 20. Juni 1900 zu Peking / in Ausübung seines Berufes gefallenen kaiserlichen deutschen Gesandten / Freiherrn Clemens von Ketteler
Rückseite
Errichtet / von Freunden und Verehrern / aus allen deutschen Gauen / im Jahre 1903
Quellen und Literatur
Quellen
Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen: Oberpräsidium Nr. 2469
Stadtarchiv Münster: Amt 43 E Nr. 22 (Fotos vor der Abnahme von vier eingelassenen Relieftafeln/Inschriftentafeln zur Metallabgabe im Zweiten Weltkrieg)
Stadtarchiv Münster, Persönlichkeitensammlung (enthält u.a. Manuskript „Meine Erinnerungen aus dem Leben des am 20.7.1900 in Peking erschossenen Kais. Gesandten Freiherrn Cl. von Ketteler“ von Heinrich Biege).
Zeitungsausschnittsammlung Nr. 79
Zeitungsartikel
Westfälischer Merkur, 18.11.1889 "Die deutschen Katholiken und die Colonialpolitik"
Westfälischer Merkur, 20.1.1902
Westfälischer Merkur, 4.3.1902 Spendenaufruf
Westfälischer Merkur, 8.3. 1903 "Kolonialgesellschaft Münster"
Westfälischer Merkur, 14.3.1906 "Die Kolonialverwaltung auf der Anklagebank"
Westfälische Nachrichten, 16.7.1960
Westfälische Nachrichten, 15.3.1983
Westfälische Nachrichten, 30.11.1983
Westfälische Nachrichten, 13.11.1986
Westfälische Nachrichten, 15.8.1996
Westfälische Nachrichten, 10.7.1999
Westfälische Nachrichten, 25.11.2006
Auf Roter Erde Nr. 1/2001 (Foto der Einweihung)
Kirche und Leben 21.6.1970
Literatur
- Aufsätze über Clemens von Ketteler und den Boxeraufstand 1900/01 im "Lexikon der deutschen Geschichte"
- Philipp Erdmann, Vom verklärten Sehnsuchtsort zur unbequemen Erinnerung. Koloniale Spuren in Erinnerungsdiskursen der Stadt Münster. In: Westfälische Forschungen 69 (2019), S. 241-266.
- Christopher Klein und Fabian Scheck, Das Kettelerdenkmal im Schlossgarten von Münster im Zusammenhang mit dem Boxeraufstand in China, (Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten 2008/9: "Helden: verehrt-verkannt-vergessen"), Münster 2009, [Signatur: 4 SAB 675]
- Birgit Langenscheid, Viktoria von Schönfeldt, Das Freiherr-von-Ketteler-Denkmal in Münster. Hintergründe - Entstehung - Wirkungen, (Schülerwettbewerb Deutsche Geschichte 1992/93), [Münster 1993] [Signatur Bibliothek Stadtarchiv: 4 SAB 213]
- Birgit Langenscheid, Viktoria von Schönfeldt, "Märtyrer des deutschen Imperialismus". Das Ketteler-Denkmal im Schloßgarten in Münster. In: Heinrich Avenwedde und Heinz-Ulrich Eggert (Hrsg.), Denkmäler in Münster. Auf Entdeckungsreise in die Vergangenheit, Münster 1996, S. 247-314
- Jürgen Meyer zur Capellen, D. Winkelhaus-Elsing, Ch. Pielken, Kunstraum Universität - Kunst an der Universität Münster, Münster (Rhema) 2002, S. 68f.
- Jürgen Meyer zur Capellen, Kunstraum Schloss, hrsg. von der Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Münster 2005, S. 24.
- Hannah Niehues, Freiherr Clemens von Ketteler. Kaiserlicher Deutscher Gesandter in Peking, (Geschichtswettbewerb um den Preis des Bundespräsidenten 2008/2009), [Münster 2009] [Signatur Bibliothek Stadtarchiv: 4 SAB 657]
- Heinz-Jürgen Trütken-Kirsch, Gesandter im Dienste seiner Majestät. Zur politischen Instrumentalisierung des Clemens von Ketteler (1853-1900). In: Westfälische Zeitschrift 164 (2014), S. 47-78.
- Ursula Uber, "Freiplastiken in Münster", Münster 1977 [Bild Nr. 22]