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Bodendenkmäler in Münster
Ein reiches Kulturerbe
Das Stadtgebiet von Münster erstreckt sich über 303 km2 und ist eingebettet in die Kulturlandschaft des Kernmünsterlandes. Fast die Hälfte der Fläche ist immer noch ländlich geprägt und enthält, ebenso wie die städtischen und dörflichen Siedlungsbereiche, eine Vielzahl von Bodendenkmälern. Sie sind authentische Zeugen der Geschichte, die es zu bewahren, aber auch zum Sprechen zu bringen gilt. Bei einem Spaziergang durch die Stadt oder einer Radtour durch das Land – begegnen kann man ihnen an vielen Stellen.
Etliche Bodendenkmäler in Münster sind obertägig erhalten geblieben, sodass sie in ihrer heutigen Umgebung wahrgenommen werden können, sie mitunter auch prägen. Zu ihnen gehören zum Beispiel der Max-Clemens-Kanal, der am nordöstlichen Rand der Altstadt beginnt, oder die Reste der Zitadelle an ihrem westlichen Rand. Erhalten sind im Stadtgebiet auch die für das Münsterland typischen spätmittelalterlichen Landwehren und die Struktur der historischen Gräftenhöfe, wie zum Beispiel Haus Kump, Haus Rüschhaus oder Haus Amelsbüren. Mit der Turmhügelburg Haskenau bei Handorf gibt es sogar eine mittelalterliche Burganlage innerhalb der Stadtgrenzen. Aus einer weitaus ferneren Vergangenheit stammen die vorgeschichtlichen Grabhügel in der Hohen Ward und in der Bauerschaft Dorbaum bei Handorf.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche archäologische Fundstellen im Boden Münsters, die Bestandteile von Bodendenkmälern sind. Bei anderen Stellen kann aufgrund der Funde, die dort auf der Oberfläche gesammelt wurden, die Existenz von Bodendenkmälern vermutet werden.
Bodendenkmäler im Stadtgebiet
Die Karte zeigt die sicher erkannten Bodendenkmäler (BD) im Stadtgebiet und die nach derzeitigem Kenntnisstand höchstwahrscheinlich vorhandenen (MS, AMS). Sie beinhaltet sowohl die rechtskräftig bis 2021 in die Denkmalliste der Stadt Münster eingetragenen Bodendenkmäler, als auch jene archäologischen Fundstellen, von denen wir sicher sind, dass sie die gesetzlich vorgeschriebenen Kriterien erfüllen. Diese Karte erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt keine denkmalrechtliche Auskunft.
Bodendenkmäler im Stadtkern und in den historischen Ortslagen
Die historische Altstadt von Münster gehört zu den sicher erkannten Bodendenkmälern, ebenso die sie umgebenden Promenade, die dem Verlauf des äußeren Ringes der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadtbefestigung folgt. Innerhalb des Stadtkerns sind es viele Straßenverläufe, die sich in den letzten Jahrhunderten kaum wesentlich verändert haben und den typischen, historisch gewachsenen Stadtgrundriss bilden. Die Promenade selbst und die Reste der Zitadelle sind zugleich Zeugnisse der großformatigen Veränderungen der Barockzeit und als Bodendenkmäler geschützt.
Auch in den Stadtteilen gibt es sichtbare Strukturen, die Bodendenkmäler sind, wie etwa den Ortskern von Wolbeck, der ehemaligen bischöflichen Residenzstadt. Ein Bodendenkmal, das an der Oberfläche weitgehend modern überformt wurde, ist die frühere Stiftsimmunität des Klosters St. Mauritz. In anderen Stadtteilen sind es die mittelalterlichen Kirchen, deren Standorte mit ihrem unmittelbaren Umfeld als Bodendenkmäler anzusehen sind.
Beispiel: Der Domplatz
Ein gutes Beispiel für ein Bodendenkmal, das sich allein schon aus dem Stadtgrundriss erschließen lässt, ist die sogenannte „Domburg“ aus der Gründungszeit von Stadt und Bistum, aus der sich später die Domimmunität entwickelte. Spiekerhof, Bogenstraße, Roggenmarkt, Drubbel, Prinzipalmarkt, Rothenburg und Johannisstraße folgen noch heute dem Verlauf der Befestigungsanlage, die im 9. Jahrhundert den Bischofsitz umgab. Die Parzellen der Bürgerhäuser reichen immer noch bis an die Grenze der ehemaligen Domimmunität heran, die im späten 13. Jahrhundert durch die Immunitätsmauer gekennzeichnet war. Sie verlief größtenteils in der Mitte des Grabens der ehemaligen karolingischen Domburg. Michaelisplatz, Pferdegasse, Spiegelturm und der Treppenaufgang vom Spiekerhof zum Horsteberg kennzeichnen die ehemaligen Zugänge der Domimmunität, an denen bis in das 18. Jahrhundert noch Tore standen. Die Reste des Tores am Horsteberg aus dem 12. Jahrhundert, das später als Nikolaitor bezeichnet wurde, sind noch heute seitlich des Treppenaufganges sichtbare Zeichen des Bodendenkmals.
Beispiel: Die Zitadelle
Nur kurz währte die Nutzungszeit der münsterschen Zitadelle, die ab 1661 westlich der Altstadt errichtet wurde. Anlass dazu war der Konflikt zwischen der Stadt Münster und dem Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen (reg. 1650–1678) im Anschluss an den erfolgreichen Abschluss des Westfälischen Friedens 1648. Die Bürger von Münster, vertreten durch ihren Stadtrat, wünschten sich eine Loslösung von der fürstbischöflichen Regierung und den Status einer Freien Reichsstadt. Nach einem mehrjährigen bewaffneten Konflikt unterlag die Stadt schließlich. Christoph Bernhard von Galen ließ anschließend den westlichen Teil der Stadtmauer einreißen und eine sternförmige Zitadelle anlegen, von der aus er die Stadt militärisch kontrollieren konnte. Die Zitadelle bestand aus einem fünfzackigen sternförmigen Wall mit vorgelagerten Gräben, der außen von einer weiteren Befestigungslinie begleitet wurde, ergänzt durch weitere Schanzen in seinen Zwickeln. Im Osten vorgelagert, zur Stadt hin, war ein freies Schussfeld, die sogenannte Esplanade. Sie hat sich bis heute in der Anlage des Schlossplatzes erhalten. Mit dem Bau des Residenzschlosses ab 1767 wurde die Zitadelle zu großen Teilen geschleift, sodass nur der innere sternförmige Bereich verblieb und in den Schlossgarten integriert wurde.
Beispiel: Der Max-Clemens-Kanal
Ein sicherlich außergewöhnliches, obertägig wahrnehmbares Bodendenkmal ist der ehemalige Max-Clemens-Kanal, der ursprünglich nahe dem Zwinger an einer kleinen Hafenmole begann und nach 38 Kilometern zwischen Neuenkirchen und Wettringen im „Maxhafen“ endete. Etwa 10,4 km seines Verlaufs liegen im Stadtgebiet von Münster.
Begonnen wurde der Bau des Kanals im Jahr 1724 als ehrgeiziges Projekt des Fürstbischofs Clemens August von Bayern (reg. 1719–1761), um Münster einen Zugang zu den schiffbaren Bereichen von Ems und Vechte und damit eine Anbindung an die Handelsmetropolen der Niederlande und an der Nordsee zu verschaffen. Das angestrebte Ziel wurde nie erreicht, doch immerhin konnte durch die Nutzung des Wasserweges die Dauer der Transporte erheblich verkürzt werden. Erhebliche Mengen an Getreide, Holz und anderen Waren aus dem Norden Deutschlands, aus den Niederlanden und aus England wurden über den Kanal nach Münster gebracht. Begleitet von technischen Schwierigkeiten verlief der Fracht- und Personenverkehr auf dem Kanal von 1731 bis 1840 und wurde dann eingestellt.
Der Max-Clemens-Kanal steht am Beginn des neuzeitlichen Kanalbaus und ist ein erhaltenswertes Zeugnis der Ingenieursbaukunst des 18. Jahrhunderts. Auf dem größten Teil der etwa 10,4 km, die er über das Stadtgebiet Münsters verläuft, ist seine Trasse erhalten und im Gelände erkennbar. Zwar wurde er in Münster vom ehemaligen Hafen (im Bereich der heutigen Zeppelinstraße) bis zur Abzweigung der Straße Nevinghoff in den 1860er Jahren zugeschüttet, jedoch legte man in den 1920er Jahren die heute vorhandene, an die alte Trasse erinnernde Führung der Aa an, die etwa 25 m weiter östlich verläuft.
Bodendenkmäler im ländlichen Bereich
Von vielen Fundstellen lässt es sich nur vermuten, dass sie Bodendenkmäler sind. Dies gilt vor allem für die zahlreichen vor- und frühgeschichtlichen Siedlungs- und Bestattungsplätze, die an den Ufern von Werse und Ems, münsterscher Aa und Kinderbach, Angel und Emmerbach bekannt geworden sind. Indizien dafür waren hochgepflügte und aufgesammelte Funde, die auf dem Münsterländer Kiessandzug beim Abbau von Kiessanden oder bei anderen Bautätigkeiten und Untersuchungen in den letzten beiden Jahrhunderten erfasst und beschrieben wurden. Weil aber damals nur wenig dokumentiert wurde, kann heute nicht viel über diese Fundstellen gesagt werden.
Wie groß die Diskrepanz zwischen dem Kenntnisstand und dem tatsächlich im Boden vorhandenen Denkmalbestand ist, haben jüngst beispielhaft die archäologischen Untersuchungen an der Hobbeltstraße in Münster-Handorf gezeigt. 2007 war hier noch keine einzige Scherbe zu verzeichnen, 2020 wurden auf großer Fläche eine eisenzeitliche Siedlung und eine hochmittelalterliche Hofstelle freigelegt, die bis dahin völlig unbekannt waren.
Beispiel: Die Siedlungslandschaft bei Handorf
Bei Münster-Handorf, zwischen Werse und Ems, liegt ein Gebiet, das für Menschen in vorgeschichtlichen Zeiten gute Lebensbedingungen bot. In der Bauerschaft Dorbaum und in der Hornheide wurden seit dem 19. Jahrhundert immer wieder hochrangige Fundstücke geborgen. Bronzezeitliche Metallfunde von hoher Qualität wie eine bronzene Radnadel und der Depotfund mit aufwändig verzierten bronzenen Hohlringen („Steigbügelringe“) sowie die im Gelände sichtbaren Grabhügel weckten schon früh das Forscherinteresse an dieser Region.
Nach mehreren Ausgrabungen, die seit 2006 im Umfeld von Handorf durchgeführt werden konnten, ist nun eine ausgedehnte und für einen langen Zeitraum bewohnte Siedlungslandschaft erkennbar. Mehr als 7.000 Jahre lang haben hier Menschen gelebt, gewirtschaftet und ihre Toten begraben. Schon in der späten Altsteinzeit (etwa 12.200 bis 9.600 v. Chr.) hatten Jäger- und Sammlerfamilien hier ihre Lager aufgeschlagen. In der späten Jungsteinzeit (ca. 5.500 bis 2.000 v. Chr.) ließen sich Bauernfamilien nieder und begannen, die Böden zu bewirtschaften. Bis in das zweite Jahrhundert n. Chr. ließen sich die Spuren der Bauernhöfe und Grabstätten der frühen Bewohner der Region verfolgen, dann verlagerte sich möglicherweise ihr Siedlungsschwerpunkt oder sie verließen das Gebiet. Erst im Frühmittelalter (8.–10. Jahrhundert n. Chr.) ließen sich wieder Menschen hier nieder und gründeten neue Hofstellen.
Beispiel: Landwehren
Landwehren wurden von den Bewohnern der ländlichen Regionen Westfalens seit dem frühen 14. Jahrhundert erbaut, als viele Fehden das Land überzogen. Sie bestanden aus bis zu drei Wällen mit davor und dazwischen liegenden Gräben und verliefen rings um die mittelalterlichen Kirchspiele, um Dorfbereiche, Gerichtsbezirke oder größere Herrschaftsbereiche. Auf den Wällen wurden heimische Baum- und Straucharten angepflanzt und durch regelmäßiges Beschneiden entsprechend gepflegt. So entstand eine nahezu undurchdringliche Hürde für Mensch und Tier, die lediglich von bewachten Durchlässen mit Schlagbäumen an wichtigen Verkehrswegen durchbrochen wurde. Diese Anlagen zogen sich über viele Kilometer hin und müssen eine gewaltige gemeinschaftliche Arbeitsleistung der Menschen im Mittelalter gewesen sein, die sie mit einfachen hölzernen, lediglich mit einem Eisenbeschlag versehenen Spaten vollbrachten.
Der Bau von Landwehren geschah im ehemaligen Fürstbistum Münster auf Anordnung von Bischof Ludwig II. von Hessen (reg. 1310–1357) und mit der Unterstützung der örtlichen Grundbesitzer, wie es aus einer Urkunde aus dem Jahr 1321 hervorgeht. Ziel dieser Maßnahme war es, den einheitlichen Landfrieden von 1319 für alle Bewohner von Höfen, Burgen und Dörfern zu gewährleisten. Bis in die Frühe Neuzeit hinein wurden die Landwehren vielerorts gepflegt und verloren erst im 18. Jahrhundert ihre Bedeutung.
In kaum einer anderen Region sind Landwehren so vollständig erhalten wie in Westfalen. An vielen Stellen im Münsterland wurden sie noch als Flurbezeichnungen in der ersten vollständigen Landvermessung, der sogenannten preußischen Uraufnahme, von 1829/1830 eingetragen, waren also zu diesem Zeitpunkt noch sichtbar und im Gedächtnis der Menschen präsent. Ihr Verlauf kann daher heute auch in den nicht erhaltenen Abschnitten rekonstruiert werden. Im Stadtgebiet von Münster sind mehrere Abschnitte von Landwehren obertägig sichtbar erhalten, etwa bei Hiltrup, Amelsbüren, Albachten und Sprakel.
Beispiel: Gräftenhöfe
Zu den Bodendenkmälern im Stadtgebiet Münsters können auch von historischen Gräften umgebene große Bauernhöfe gehören. Diese für das Münsterland so typische ländliche Wohnform wurde vermutlich im 15. oder 16. Jahrhundert aus dem Vorbild der adeligen Herrenhäuser oder der älteren Niederungsburgen in der Region entwickelt. Bei den meisten Gräftenhöfen umgibt ein Wassergraben die Gebäude der Hofanlage, wie Haupt- und Torhaus, Scheune und Speicher. Es gibt jedoch auch einzelne Speicherbauten, die abseits des Haupthauses in einer separaten Gräfte stehen (Speichergräfte), oder deren Gräfte an den Hauptgraben angeschlossen ist. In der Regel handelt es sich bei den Gräftenhöfen im Stadtgebiet von Münster um größere landwirtschaftliche Anwesen, wie Schultenhöfe, oder die an Gutsverwalter verpachteten Landgüter im Besitz der münsterschen Erbmännerfamilien (Patrizier). Bei ihnen ist oft noch eine Wohnung für die Familie des Eigentümers integriert, sodass nicht nur die landwirtschaftliche Nutzung im Vordergrund steht. Auch herrschaftliches repräsentatives Wohnen bildete einen wichtigen Aspekt der Gräftenhöfe.
Während die Gebäude innerhalb der Gräfte oft im Lauf der Jahrhunderte neu- oder umgebaut, dem Zeitgeschmack oder den Bedürfnissen der landwirtschaftlichen Nutzung angepasst wurden, blieben die Gräften vielfach ganz oder in Teilen erhalten, wie zum Beispiel bei Haus Amelsbüren (Amelsbüren), Hof Leising (Nienberge), Haus Kump (Mecklenbeck) oder Haus Geist (Hiltrup).