Beispiele aus der praktischen Denkmalpflege
Feinstarbeit mit Skalpell, Tupfer und Spritze: Altar-Restaurierung
April 2021. Im kleinen Altarraum der ehemaligen Dominikanerkirche an der Salzstraße steht seit einigen Wochen ein Gerüst: Ein Restauratoren-Team ist im Auftrag der Stadt am Werk, reinigt und festigt den Altar. In filigraner Feinstarbeit wird der Staub mit Tupfern und Pinseln ganz vorsichtig vom Altarholz gewischt. Wichtig ist, dass dabei kein Stück Abplatzung, keine Abblätterung der alten Fassung verloren geht. In vielen Bereichen war die farbige Fassung völlig unterhöhlt und wies keinen Halt mehr zum Untergrund des Schnitzwerkes auf. Hier kommen Skalpell und Spritze zum Einsatz, um jedes noch so kleine Stück zu sichern. Mit Injektionsspritzen wird ein spezieller Leim zwischen alte Farbfassung und Untergrund gefüllt.
„Die kunsthistorische Bedeutung des Altars ist enorm“, erläutert Mechthild Mennebröcker, Leiterin der städtischen Baudenkmalpflege. Das barocke Schnitzwerk stammt aus dem Jahr 1699 und wurde von dem Paderborner Künstler Heinrich Gröne geschaffen. 1904 wurde der Altar nach Münster verkauft und in der Dominikanerkirche aufgestellt. Vier überlebensgroße Skulpturen zeigen zwei heilige Bischöfe und die Apostel Petrus und Paulus. Ein besonderes Highlight sind die Säulen, die mit Blatt-, Blüten-, Wein und Fruchtranken verziert sind, in denen sich Putten tummeln. Die aufwendige Architektur des Altaraufsatzes setzt sich in detailreicher Malerei und einer üppigen Farbfassung fort.
Die aktuellen Arbeiten am Altar sind der erste Schritt, um das bedeutende Kleinod aus dem westfälischen Barock zu konservieren. Wenn die Fehlstellen sensibel verkittet sind, müssen sie mit Farbe retuschiert werden. „Nach der Pflicht kommt die Kür“, unterstreicht Mechthild Mennebröcker. „Zum Glück können wir auf die Erfahrung im Restaurationsteam der Kölner Firma Russ und Tönnies bauen. Es ist restauratorisch herausfordernd, genau die richtigen Farbtöne, die Farbnuancen, zu treffen. Besonders sensibel ist die Ergänzung der Vergoldung, damit für den Betrachter der bestehende Glanz des Goldes mit den Ergänzungen einheitlich erscheint“.
Die klimatischen Schwankungen in dem abgeschotteten Altarraum waren eine Ursache des umfangreichen Schadensbilds. Bewegungen im Holz führten zu Rissen in der Farbfassung und in der Folge zu Abplatzungen. „Damit der Altar nun langfristig in seiner Pracht erhalten bleibt, werden wir die klimatischen Bedingungen erheblich verbessern“, erklärt Architektin Annegret Mantke vom Amt für Immobilienmanagement. „Eine neue Verglasung mit UV-Filter sowie eine Klimaanlage werden künftig das optimale Raumklima sicherstellen.“
Die Arbeiten am Altar sind Teil umfangreicher Umbau- und Sanierungsarbeiten in der profanierten Kirche. Im Sommer soll die Dominikanerkirche als Kunstraum mit dem Kunstwerk „Zwei Graue Doppelspiegel für ein Pendel“ von Gerhard Richter wiedereröffnet werden. Der restaurierte Altar und das Pendel bieten eine ungewöhnliche Kulisse für den künstlerischen Begegnungsort, der auch Konzert- und Veranstaltungssaal sein wird.