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Handorf - Windkraftanlage
Ausgrabungen an der Windkraftanlage Haskenau 2018
Text: Peter Hessel
Im Vorfeld des Baus einer Windkraftanlage unmittelbar südöstlich der mittelalterlichen Wallburg Haskenau im Stadtteil Handorf wurde im Sommer 2018 von der Stadtarchäologie Münster ein Areal von 5500 m² archäologisch untersucht. Es liegt siedlungsgünstig in hochwassergeschützter Lage zwischen den Flüssen Ems und Werse. Große Teile der Untersuchungsfläche waren annähernd befundfrei, jedoch konnten am nördlichen Rand die Überreste einer früh- bis mitteleisenzeitlichen Siedlung (800 v. Chr. – 350 v. Chr.) freigelegt und dokumentiert werden.
Ein Haus begraben
Hier wurde offenbar der südliche Rand der Siedlung erfasst, deren Kern wahrscheinlich etwas weiter nordöstlich, auf einer teilweise noch heute sichtbaren Geländekuppe lag. Neben einigen Siedlungs- und Pfostengruben stach vor allem eine etwa 2 x 3m große Grube ins Auge, bei der sich schon an der Oberfläche zahlreiche Keramikreste und Brandschutt zeigten. In der Grube befanden sich die Reste von insgesamt etwa 6-8 zerbrochenen Vorratsgefäßen. Zusammen mit den Brandschuttresten musste es sich um die Überreste eines abgebrannten Hauses handeln. Da aber der umgebende Boden keinerlei Reaktion auf einen Brand zeigte, muss er an anderer Stelle, jedoch sicher in der Nähe stattgefunden haben. Vergleichsbeispiele aus Westfalen zeigen, dass es sich um eine rituelle Niederlegung eines zerstörten Hausinventars handelt: Das Haus wurde nach seiner Zerstörung durch einen Brand im Rahmen einer Zeremonie in der nur zu diesem Zweck ausgehobenen Grube niedergelegt.
Eine Pfostengrube unmittelbar südöstlich dieser Grube, die wahrscheinlich zu einem nicht mehr rekonstruierbaren Hausgrundriss gehört, weist eine weitere Besonderheit auf. Nachdem der zugehörige Pfosten aus der Grube gezogen worden war, wurde in dem Pfostenloch ein zerscherbtes eisenzeitliches Gefäß deponiert. Vergleichbare Befunde sind ebenfalls aus Westfalen, den Mittel- und Südniederlanden bekannt und werden allgemein als rituelle Handlungen in Zusammenhang mit der Aufgabe von Gebäuden interpretiert.
Töpfe formen
Im November 2018 wurde zusätzlich eine 300m lange und 0,80–1,40m breite Kabeltrasse zur Anbindung der Windkraftanlage archäologisch untersucht. Neben dem Streufund einer undatierten eisernen Lanzenspitze, die sich z.Z. in der Restaurierung befindet und den ersten bekannten Waffenfund im Umfeld der Haskenau darstellt, konnten weitere eisenzeitliche Gruben sowie eine Feuerstelle dokumentiert werden. Innerhalb der Feuerstelle, die sich in einer flachen, künstlich angelegten Mulde befand, entdeckten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtarchäologie ein Brandlehmpaket, in dem eisenzeitliche Keramikfragmente verbacken waren. Ein hart gebranntes schalenförmiges Lehmplättchen mit ca. 3cm Durchmesser, auf dem deutlich Fingerabdrücke erkennbar sind, wurde vor mehr als 1.700 Jahren offenbar spielerisch aus einem Tonklumpen geformt und in die heiße Feuerstelle geworfen. Das Material des verziegelten Lehmpakets dürfte Ausgangsmaterial für eine lokale Keramikproduktion gewesen sein und wurde, zusammengedrückt mit den Überresten von Fehlbränden, in der Feuerstelle entsorgt. Das Randstück eines Terra-Sigillata-Gefäßes aus der Ascheschicht rings um die Feuerstelle konnte in das 1.-3. Jahrhundert n. Chr. datiert werden. Dieser Zeit entstammt auch die lokal produzierte Keramik aus dem Befund.
Literatur
Hessel, Peter (2019): Ein Haus in der Grube? Eisenzeitliche Siedlungsspuren im Umfeld der Wallburg Haskenau. In: Archäologie in Westfalen-Lippe 2018, Langenweißbach 2019, S. 69–72.