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Hiltrup - Haus Geist
Die Ausgrabung auf dem Gelände von „Haus Geist“
Dem Neubau eines Bettenhauses am Clemenshospital in Hiltrup gingen im Jahr 2016 eine Ausgrabung und weitere baubegleitende Untersuchungen im Jahr 2017 voraus. 1961 war auf dem Gelände des ehemaligen Landgutes Haus Geist bereits das moderne Krankenhaus entstanden, nachdem die dort befindlichen historischen Gebäude abgerissen worden waren. Das Haupthaus des Clemenshospitals entstand im nördlichen Bereich der ehemaligen Gräftenanlage und auf einer nördlich anschließenden Wiese, sodass bei der Planung der jüngsten Neuerrichtung eines Bettenhauses im ehemaligen Park die Hoffnung bestand, auf die ältere Bebauung im Zentrum des Gutes zu stoßen.
Haus Geist, ursprünglich ein bischöfliches Lehnsgut mit dem Namen „Everdinchof“, ist spätestens seit der Mitte des 14. Jahrhunderts als eines der Landgüter der münsterschen Erbmännerfamilie Bischopinck überliefert. Im Jahr 1630 wurde das Anwesen vom Domkapitel Münster gekauft. Nach dessen Auflösung zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte Haus Geist verschiedene Eigentümer, zuletzt ab 1952 das Bistum Münster.
Zum Zeitpunkt des Abbruchs ab 1959 müssen dort das Haupthaus in der Mitte des Hofareals, südlich davon das barocke Wohnhaus aus dem Jahr 1763 sowie drei weitere Nebengebäude westlich, nördlich und östlich des Haupthauses vorhanden gewesen sein. Das östlich gelegene Nebengebäude, nach dem archäologischen Befund vermutlich eine Stallung für kleinere Tiere mit einem Speichergeschoss, ist bereits auf dem Urkataster des Jahres 1828 verzeichnet, während das nördliche Nebengebäude wohl erst zwischen 1867 und 1869 entstanden ist. Das westliche Nebengebäude, ein kleiner Fachwerkbau des 19. Jahrhunderts, wurde wohl nach 1830 und vor 1867 errichtet.
Das Landgut im hohen und späten Mittelalter
Die schriftliche Überlieferung zu Haus Geist setzt erst im 14. Jahrhundert ein, als die Erbmännerfamilie Bischopinck das Anwesen als bischöfliches Lehnsgut führte. Nach der Ausgrabung im Jahr 2016 kann die Geschichte des Gutes nun bis in das 12. Jahrhundert zurückverfolgt werden.
Älter als das Hauptgebäude aus dem 16./17. Jahrhundert waren Pfostenspuren und vereinzelte Baubefunde, die von Gebäuden des späten Mittelalters, des 14./15. Jahrhunderts, stammten und schon die Ausrichtung des späteren Haupthauses besaßen. Zu ihnen gehörte auch der bereits erwähnte Brunnen, der offenbar während einer langen Zeit im Betrieb war. Er wurde während der Ausgrabung zur Hälfte angeschnitten, sodass sein Aufbau sichtbar wurde: Die Brunnensohle wurde zuerst mit einem hölzernen Ausbau versehen, auf den der steinerne Brunnenkranz folgte.
Die ältesten Baubefunde gehörten zu einem nordwestlich-südöstlich orientierten Gebäude in Pfostenbauweise mit einer Breite von etwa neun Metern und einer Länge von mindestens 27 Metern. Der Verlauf der Pfostenlöcher deutete einen leicht nach außen gebogenen Verlauf der Längswände an, den man von Gebäuden des frühen und hohen Mittelalters kennt und sie deshalb als „schiffsförmig“ bezeichnet. Zudem deuteten sich an den Längswänden die Spuren von Eingangslauben an, die in der Regel in der Mitte angelegt wurden. Die in ihrer Substanz erhaltenen Reste einiger Holzpfosten konnten dendrochronologisch (mithilfe der Zählung und des Vergleichs der erhaltenen Jahrringe) in das ausgehende 12. Jahrhundert, die Zeit „nach 1178 (+/- 10 Jahre)“ datiert werden.
Haus Geist in der Frühen Neuzeit
Am südlichen Rand der Ausgrabungsfläche wurden noch einige Mauerreste des unterkellerten barocken Wohnhauses aus dem Jahr 1763 gefunden, dessen Grundfläche jedoch zum größten Teil nicht erfasst wurde. Ältere Backsteine in der Fundamentierung des Hauses lassen vermuten, dass ein älterer Massivbau, vielleicht ein Torhaus, zuvor entfernt worden war.
Nördlich davon konnte ein großer Teil der Grundfläche des ca. 41,5 m x 15 m großen Haupthauses untersucht werden, sodass dieses Gebäude mithilfe des Fundmaterials und der verwendeten Backsteine in das ausgehende 16. oder beginnende 17. Jahrhundert datiert werden konnte. Der nordwestliche Teil des Hauses bestand aus einem unterkellerten Wohnteil, wie es in unserer Region für größere Bauernhäuser üblich ist. Im Wirtschaftsteil des Hauses wurde nahe dem großen Eingangstor ein Bruchsteinbrunnen entdeckt, der zu einer älteren Bebauung gehört hatte und in das Gebäude einbezogen worden war.
Von den nördlich und östlich des Haupthauses gelegenen frühneuzeitlichen Nebengebäuden wurden ebenfalls Reste erfasst. Das östliche, parallel zum Haupthaus ausgerichtete Gebäude wurde nach Ausweis des Fundmaterials im 18. Jahrhundert errichtet. Seine östliche, besonders verstärkte Außenmauer war in den Bereich der älteren Gräfte gesetzt, während die übrigen Fundamente lediglich als Unterzüge eines Fachwerkgebäudes angelegt waren. Von dem nördlichen Nebengebäude war nur noch der Rest des Kellers erhalten; möglicherweise handelte es sich um einen kleineren zusätzlichen Stall, der zwischen 1867 und 1869 errichtet worden war. Auf einer Grafik, die das Anwesen von Osten zeigt, scheint das nördliche Gebäude deutlich niedriger als das Haupthaus zu sein und ist mit dem östlichen Wirtschaftsgebäude durch eine niedrige Mauer verbunden.
Holzbefunde und Infrastruktur
Der feuchte, zu Staunässe neigende Boden des Hofareals von Haus Geist begünstigte die Erhaltung von Holzresten, die einen Eindruck von der ehemaligen Infrastruktur vermitteln. Die Böschungen der ehemals rund um den Hof verlaufenden Gräfte waren mit Spundwänden aus Eichenbohlen und -pfosten abgestützt, die mithilfe der Dendrochronologie in das ausgehende 16. Jahrhundert und in das mittlere 18. Jahrhundert datiert werden konnten. Da diese Stützkonstriktionen dauerhaft dem Wasser der Gräfte ausgesetzt waren, mussten sie regelmäßig ausgebessert oder erneuert werden.
Südlich des frühneuzeitlichen Haupthauses wurden die Reste eines Bohlenweges freigelegt, der vom 16. bis in das 18. Jahrhundert genutzt und mehrfach ausgebessert worden war. Ein ähnlicher Befund wurde bereits 2011 bei den Ausgrabungen auf Haus Kump beobachtet. Möglicherweise handelte es sich bei dem Bohlenweg von Haus Geist um die ehemalige Hauptzufahrt des Gehöfts, die beim Neubau des barocken Wohnhauses 1763 aufgegeben wurde. Dies bestätigt die Annahme, dass dieses Haus an der Stelle eines älteren Torhauses errichtet wurde.
Literatur
Hessel, Peter, Stamer, Simon: Haus Geist – Überlieferung und Befund. In: Archäologie in Westfalen-Lippe 2017, Langenweißbach 2018, S. 127–130.