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Kriegsgräberstätten
Ehrenfriedhof Haus Spital
Standort
Gievenbeck, Horstmarer Landweg / Toppheide, Gelände von Gut "Haus Spital"
Lage im Stadtplan
Initiatoren
Französische Kriegsgefange des Ersten Weltkriegs
Gestaltung - Denkmal
Der Entwurf und die Anfertigung wurden durch Auguste Duthoit und einem französischen Architekt und Bildhauer im Jahr 1915 verwirklicht. Der französische Bildhauer V. Broucke vollendete es 1916.
Das Denkmal ist vier Meter hoch und steht in der in der Mitte einer halbkreisförmigen Mauer. Auf den Denkmalseiten sind Namen von Gefallenen vermerkt. Der Sockel des Denkmals ist verziert mit einem gallischem Hahn, der auf Kriegstrophäen steht. Das Mittelstück ist mit Wappen verschiedener Nationen geschmückt. Auf dem pyramidenförmigen Aufbau befindet sich ein Palmenzweigrelief, die Inschrift "Pro Patria" und die heute nicht mehr erkennbaren Jahreszahlen 1914-15, 16, 17, 18.
Die große Palme auf dem Denkmal deutet darauf hin, dass neben dem Totengedenken auch der Wunsch nach Frieden zum Ausdruck gebracht werden soll. Ein Kreuz mit einem Lorbeerkranz bildet den Abschluss des Denkmals.
Gestaltung - Friedhof
Der Friedhof bestand anfangs nur aus einem Weg zwischen Tor und Denkmal und beiderseits des Weges gelegenen Grabreihen mit Einzelgräbern. Mehrfach erfolgten Erweiterungen. Für die Toten des Zweiten Weltkrieges sind Sammelgräber zu vermuten.
Einweihung
Die Einweihung des Denkmals fand am 1. August 1915 in Anwesenheit der Vertreter der münsterischen Generalkommandos, der Inspektoren der Kriegsgefangenenlager, der Lagerkommandanten und Abordnungen der Kriegsgefangenen statt.
Erinnerungsmotiv
Dauerndes Ruherecht für verstorbene Kriegsgefangene. Der Friedhof fungiert als Erinnerungsstätte und Grablage von Kriegsgefangenen verschiedener Nationen.
Kriegsgräber Erster Weltkrieg: 816 (Nationalitäten: UdSSR/Russen, Polen und ein Inder)
Kriegstote Zweiter Weltkrieg: ca. 220 (vor allem UdSSR/Russen)
Geschichtlicher Hintergrund
Haus Spital gehörte ursprünglich zum Besitz des Magdalenenhospitals. Der Gutshof mit ausgedehnten Ländereien gelangte 1907 in staatlichen Besitz und wurde Exerzier- und Truppenübungsplatz. Im Ersten Weltkrieg wurde ein großes Kriegsgefangenenlager errichtet. Zeitweise beherbergte das Lager bis zu 10.000 Gefangene unterschiedlicher Nationalitäten. Die hohe Belegung führte zum Ausbruch von Krankheiten. Die erste Epidemie 1915 zog viele Sterbefälle nach sich. Die Gefangenen gestalteten auf Haus Spital einen eigenen Friedhof samt Ehrenmal. Die hier begrabenen Franzosen, Belgier und Engländer wurden nach dem Ersten Weltkrieg in die jeweilige Heimat überführt. 810 Russen blieben hier begraben. Nach dem Ersten Weltkrieg war Haus Spital Flüchtlingslager und später landwirtschaftliche Ausbildungsstätte. 1933 wurde das Gut wieder zum Truppenübungsplatz.
Im Zweiten Weltkrieg befand sich dort ein Versuchsgut der Heeresfachschule für Landwirtschaft. Ein Kriegsgefangenenlager wurde nicht nicht wieder errichtet.
Auf dem Friedhof erfolgten erneut Beisetzungen von gefallenen ausländischen Soldaten und Kriegsgefangenen. Nach dem Krieg wurden die Toten aus den USA, Großbritannien, Frankreich und Italien exhumiert. Es verblieben die Gräber der sowjetischen Kriegsgefangenen. Eine Zählung durch deutsche Polizeibeamte im Herbst 1945 ergab 217 erkennbare Gräber, hauptsächlich von Angehörigen der UdSSR-Armee.
Die Frage nach "ca. 200 Russengräbern" kann bis heute nicht abschließend geklärt werden. Die Todesrate lag 1942/43 bei sowjetischen Gefangenen sehr hoch. Meist sind die sowjetischen Kriegsgefangenen in Sammelgräbern bestattet worden. Jedes Sammelgrab erhielt ein Kreuz mit dem Hinweis auf die Anzahl der Toten. Auch Einzelgräber mit Kreuzen waren vorhanden, "Russen" lagen auf der linken Seite des Friedhofs (Ehrhardt in Schwarze, S. 184). Weitere Russen wurden entlang der linken Hecke beerdigt. In den letzten Kriegstagen konnten die Toten nur notdürfig außerhalb der Hecke verscharrt werden. Holzkreuze bei Einzel- und Sammelgräbern dienten der Kennzeichnung von Beisetzungen zwischen den vielen Gräbern des Ersten Weltkrieges. Amtsdirektor Ramin stellt am 29.10.1947 zu den Gräbern fest: Sie seien "mit Schildern, auf denen der Name des Verstorbenen verzeichnet ist, versehen. Teilweise sind die Erkennungsmarken an den Schildern angehängt." Bei Erfassungen von Kriegsgräbern wurde Haus Spital mehrfach nicht berücksichtigt.
Auf dem Friedhof sind vermutlich 200 bis 250 russische Soldaten bzw. Kriegsgefangene bestattet worden. (Akten Friedhofsamt) Nachgrabungen von 1960 führten zu dem Ergebnis, dass an der Hecke Tote liegen. Der Regierungspräsident verfügte am 17. August 1960, bei der "weiteren Planung für die Neugestaltung des Friedhofs diese Toten unberücksichtigt zu lassen." ( Akten Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge Münster; Schwarze, S.187)
Nach Angaben des Zeitzeugen Ulrich Ehrhardt liegen die Toten in Sammelgräbern an mehreren Stellen auf dem Friedhof. Davon konnte durch seine Recherchen in Archiven inzwischen 28 Verstorbene namentlich nachgewiesen werden.
Betreuung
Bis 1945: Verwaltung der Wehrmacht
1945-1949: Freiwillige Pflege des Gutes "Haus Spital"
1949-1974: Amtsverwaltung Roxel
seit 1975: Stadt Münster
Öffentliche Wahrnehmung
Bis heute besteht keine Klarheit über die genaue Anzahl und die Identität sowjetischer Toter des Zweiten Weltkriegs, die auf dem Friedhof begraben wurden. Eine Aufstellung vom 18. Mai 1948 nennt für Haus Spital 709 Gräber aus dem Ersten Weltkrieg und 77 Gräber aus dem Zweiten Weltkrieg, von denen die Namen vorlägen. Aufgrund zahlreicher Überführungen werden am 24. September 1958 817 Tote angegeben.
Bei Grabschändungen auf Haus Spital wurden im November 1951 163 Grabdenkmäler russischer Soldaten aus den Betonsockeln gerissen und umgeworfen.
Zwischen 1960 und Mitte der 1980er Jahre blieb der Friedhof unbeachtet.
Öffentliche Diskussionen und wissenschaftliche Untersuchungen des Friedhofs führten dazu, dass die etwa 200 sowjetischen Kriegstoten des Zweiten Weltkriegs auf Gedenktafeln von 1999 zumindest summarisch erwähnt werden.
1999 erfolgte auch die offizielle Anerkennung der Kriegsgräber durch den Volksbund Dt. Kriegsgräberfürsorge. Einige der Toten sind inzwischen namentlich bekannt, nach weiteren Namen wird geforscht.
Im August 2015 brachen bislang unbekannte Täter fast 500 bronzene Tafeln, die mit Namen und Lebensdaten der hier Beigesetzten versehen waren, aus den Grabsteinen heraus.
Inschriften Denkmal von 1915
Auf dem Denkmal: Pro / Patria / 1914-1918
Auf den Mamortafeln an der halbkreisförmigen Mauer rechts und links vom Denkmal: Namen der toten Soldaten
Auf der Rückseite:
Monument / élevé par les prisonniers francais / à la memoire / des soldats des armées; morts à Münster / inauguré le 1er Aout 1915 / souscription de leurs camerades anglais, belges, francais et russes.
[Denkmal, errichtet durch die französischen Gefangenen, zur Erinnerung an die Soldaten der alliierten Armeen, gestorben zu Münster, eingeweit am 1. August 1915, Unterzeichnung durch ihre englischen, französischen und russischen Kameraden]
Inschrift am Hauptportal
Requiescant in Pace
Inschrift der Gedenktafel von 1999
Ehrenfriedhof Haus Spital
In beiden Weltkriegen wurden hier französische,/ russische, amerikanische, engliche, belgische und / italienische Kriegsgefangene beerdigt. Sie starben / im Lager Haus Spital und in den Stalags IV und / ihren Arbeitslagern. 1915 gestaltete der / französische Architekt A. Duthoit aus Lille die / Anlage. Der französische Bildhauer Broucke / vollendete sie 1916. Heute ruhen hier noch 816 / russische Kriegstote aus dem ersten Weltkrieg / und etwa 200 sowjetische Kriegstote aus dem / Zweiten Weltkrieg. Die anderen Staaten / überführten ihre Toten in die Heimat oder zu / zentralen Ehrenanlagen.
Quellen und Literatur
Quellen
Stadtarchiv Münster, Amt 32 Nr. 27, dort Polizeibericht vom 24.10.1945
Friedhöfe / Friedhofswesen in Münster. Zeitungsausschnitte gesammelt von Walter Kutsch, Stadtarchiv Münster: Sammlung Monasteria BU 40336
Zeitungsartikel
Münstersche Zeitung, 1.11.1962
Westfälische Nachrichten, 31.10.1970
Westfälische Nachrichten, 24.4.1980
Westfälische Nachrichten, 20.6.1983
Westfälische Nachrichten, 30.5.1985
Westfälische Nachrichten, 1.11.1985
Westfälische Nachrichten, 2.11.1986
Münstersche Zeitung, 3.11.1989
Westfälische Nachrichten, 6.6.1995
Westfälische Nachrichten, 12.9.1995
Westfälische Nachrichten, 31.12.1997
Westfälische Nachrichten, 2.4.1999
Westfälische Nachrichten, 16.7.1999
Westfälische Nachrichten, 21.7.1999
Westfälische Nachrichten, 2.10.1999
Westfälische Nachrichten, 16.10.1999
Münsterische Zeitung, 26.10.1999 (Aufstellung neuer bronzener Erinnerungstafel an 200 sowjetische Kriegstote 2. WK)
Westfälische Nachrichten, 26.10.1999
Westfälische Nachrichten, 19.11.1999
Westfälische Nachrichten, 11.2.2000
Westfälische Nachrichten, 21.4.2000
Literatur
- Marcus Weidner, Nur Gräber als Spuren. Das Leben und Sterben von Kriegsgefangenen und "Fremdarbeitern" in Münster während der Kriegszeit 1939-1945, Münster 1984.
- Ehrenfriedhof Haus Spital Münster / Westfalen, bearbeitet durch Harald Tolf, Klaus Pilberg (Reservistenkameradschaft Münster), [unveröff. Manuskript mit Namen von 686 Kriegsgefangenen aus der UdSSR und weiteren 129 unbekannten Toten) Münster 1995.
- Britta Kissenkötter, Wiebke Nieland und Hanna Eggert, Denkmäler im Krieg. Denkmäler des Ersten Weltkriegs auf Haus Spital bei Münster, Münster, 1993. (Schülerwettbewerb Deutsche Geschichte 1992/93: Denkmal: Erinnerung, Mahnung, Ärgernis).
- H. Anschlag, H.-U. Eggert, U. Maciey, A. Tornsdorf (Hrsg.): Schriftproben des Wilhelm-Hittorf-Gymnasiums Münster Bd. 10: Denkmäler in Münster - Preisgekrönte Beiträge für den Schülerwettbewerb Deutsche Geschichte um den Preis des Bundespräsidenten 1992-93.
Informations en français (en PDF)
Traduit par des étudiants du séminaire de langues romanes de l'université de Münster avec Dr. Timothée Pirard.
Übersetzt von Studierenden des Romanischen Seminars der Universität Münster mit Dr. Timothée Pirard.
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