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Kriegsgräberstätten
Ehrenfriedhof für [überwiegend] deutsche zivile und militärische Kriegsopfer
Standort
Waldfriedhof Lauheide, Lauheide 5, Telgte
Lage im Stadtplan
Initiator
Stadt Münster
Gestaltung
Der Ehrenfriedhof wurde nach dem Einheitsmodell des Volksbundes deutsche Kriegsgräberfürsorge für deutsche Ehrenfriedhöfe gestaltet. Ovalförmig liegen um eine Heidelichtung auf acht Gräberfeldern (A-H) rund 900 Gräber. Jedes Grab ist durch ein Natursteinkreuz im Volksbund-Typ gekennzeichnet und beschriftet. Der Zugang befindet sich im Süden. Ein vierstufige Freitreppe mit der Beschriftung 1939 1945 führt zum Friedhof herab und zu einer gemauerten Naturstein-Säule, in der das Namenbuch aller hier Beerdigten ausliegt.
Die Anlage bildet ein Oval, dessen Achsen eine Länge von ca. 200 und 150 Metern aufweisen. Am Ende der Längsachse steht ein ca. zehn Meter hohes Hochkreuz aus Naturstein ohne Inschrift. Dahinter liegt das Einzelgrab des Kommandierenden Generals Gerhard Glokke (1889-1944) mit einem Steinkreuz mit Namen, Lebensdaten und Funktion.
1941: erste Beisetzung
Erinnerungsmotiv
Die Ehrengräberanlage ist einheitlich gestaltet und ausgestattet mit Ruhr-Sandsteinkreuzen mit dauerndem Ruherecht für verstorbene Soldaten sowie zivile Kriegsopfer.
Die Intention der Anlage lässt sich an der Einleitung in das Namensverzeichnis erkennen: "Die einheitlichen Grabzeichen und die gleichmäßige gärtnerische Gestaltung der Gräber sind Ausdruck des gemeinsam erlittenen Schicksals." Die Anlage wird bestimmt durch das namentliche Gedächtnis.
Betreuung
Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge und die Stadt Münster
Geschichtlicher Hintergrund
Zweiter Weltkrieg, Bombenangriffe
Nach den Luftangriffen im Oktober 1943 und September 1944 wurden zahlreiche zivile Todesopfer beerdigt. Neben den in den Lazaretten ihren Verwundungen erlegenen oder im Kampf gefallenen deutschen Soldaten sind hier auch 40 Kinder und 215 Frauen, die Opfer der Bombardements auf Münster wurden, beigesetzt. Die Toten waren nicht nur Deutsche, sondern stammten aus Belgien, den Niederlanden oder den Balkanstaaten. Auf dem deutschen Ehrenfeld liegen ca. 894 Tote des Zweiten Weltkrieges.
Öffentliche Wahrnehmung
Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) hat in einem offenen Brief vom 9. November 2018 an die Regierungspräsidentin in Münster kritisiert, dass auf dem Ehrengräberfeld in Lauheide hochrangige Nationalsozialisten liegen würden. Die Kritik bezog sich auf die Gräber von Fritz Schmidt und Wehrmachtsgeneral Gerhard Glokke.
Am 17. November 2018 erschien dann in den Westfälischen Nachrichten der Presseartikel "In Lauheide liegen NS-Täter neben den Opfern". In der Folge wurde das Stadtarchiv durch das Amt für Grünflächen, Umwelt und Nachhaltigkeit gebeten, Stellung zu nehmen zu den historischen Hintergründen:
Grab Gerhard Glokke
Gerhard Glokke kommandierte sowohl im Ersten Weltkrieg als auch in der Reichswehr unterschiedliche Truppenteile. Mit dem Übergang in die Wehrmacht 1935 leitete Glokke die 16. Infanterie-Division. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde er zum Kommandierenden General des stellvertretenden VI. Armee-Korps und Befehlshaber im Wehrkreis VI (Münster) ernannt. Er erhielt mehrere Auszeichnungen, bis er am 5. Juni 1944 im Standortlazarett Münster 59jährig an einem akuten Herzleiden verstarb. Seine Beisetzung auf dem Waldfriedhof Lauheide fand am 8. Juni 1944 statt. Die Sterbeurkunde wurde erst 1948 ausgestellt aufgrund einer "Kriegssterbefallanzeige" der Deutschen Dienststelle in Berlin-Frohnau vom 25. Juni 1948.
Der kommandierende General starb während seines militärischen Dienstes. Das dauerhafte Ruherecht ist durch das Gräbergesetz geregelt, das in seiner ursprünglichen Fassung vom 27. Mai 1952 und dessen aktueller Version die Rechtsgrundlage für die Einordnung als "Kriegsgrab" bildet. Da Glokke während seines militärischen Dienstes starb, ist die Einstufung seines Grabes als "Kriegsgrab" korrekt. Die Einzellage seines Grabes dürfte auf seiner hohen Stellung beruhen und ist nicht unüblich.
Grab Fritz Schmidt
Fritz Schmidt war einer der wichtigsten Funktionäre der NSDAP in den besetzten Niederlanden. Als einer von vier "Generalkommissaren" unterstand er nur dem Reichskommissar Arthur Seyß-Inquart und sollte seit 1940 die Interessen der NSDAP in den Niederlanden durchsetzen. Zum Aufgabenbereich Schmidts gehörte der politische Aufbau der niederländischen NS-Bewegung um die Nationaal Socialistisch Beweging (NSB) um Anton Adriaan Mussert, der Arbeitsdienst in den Niederlanden, Propaganda, Kultur und "Volkspflege". Er sollte also als Beauftragter der NSDAP die NS-Bewegung in den Niederlanden fördern.
Schmidt starb Ende 1943 während einer Besichtigungstour durch Frankreich. Auf der Zugfahrt vom Atlantik nach Paris fand man sein Abteil morgens leer vor, die Fenster waren geöffnet und wenig später entdeckte man die Leiche Schmidts nur im Schlafanzug bekleidet am Streckenrand bei Chartres. Schon die Zeitgenossen gingen von Selbstmord aus. Am 2. Juli 1943 erhielt er ein „Parteibegräbnis“ auf dem Waldfriedhof Lauheide, angeblich auf Anweisung Hitlers. An der Bestattungsfeier nahmen unter anderem Gauleiter Meyer, Reichskommissar Seyß-Inquart, Anton Mussert und Martin Bormann teil. Wie es dazu kam, dass das Grab von Schmidt als 'Kriegsgrab' mit dauerndem Ruherecht eingestuft wurde, lässt sich nicht mehr nachvollziehen.
Der Status Fritz Schmidts als Kriegstoter müsste formal bereits in der frühen Nachkriegszeit fragwürdig gewesen sein. Was als militärischer oder militärähnlicher Dienst bewertet wurde, war im Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges seit 1950 definiert. [Quelle: Internes wissenschaftliches Gutachten von Dr. Philipp Erdmann]
Diesen Kriterien entspricht das Grab Schmidts nicht. Die Bezirksregierung Münster schloss sich dieser Sichtweise an. Das Grab von Schmidt wurde abgeräumt und sein Name aus der Kriegsgräberliste gestrichen.
Quellen und Literatur
Quellen
Akten Stadtarchiv, Bestand Amt 67
Internes wissenschaftliches Gutachten von Dr. Philipp Erdmann
Zeitungsausschnitte
Münstersche Zeitung, 15.9.2007
Westfälische Nachrichten, 17.11.2018
Literatur
- Martin Papenheim, "Trauer und Propaganda" - eine Fallstudie zu Aussagen und Funktion von Kriegerdenkmälern. In: Franz-Josef Jakobi (Hg.), Stadtgesellschaft im Wandel. Untersuchungen zur Sozialgeschichte Münster im 19. und 20. Jahrhundert, Münster 1995, S. 421-481, S. 466 ff.
- Kerngruppe 10.2 Friedensschule Münster, "... bereit, zu leiden und zu sterben ..."? Krieger denk-mal (nach)! (Schülerwettbewerb Deutsche Geschichte 1992/93. Denkmal: Erinnerung, Mahnung, Ärgernis), Münster 1993. [Signatur: 4 SAB 116]