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Zum Ersten und Zweiten Weltkrieg
"Dreizehner-Denkmal" - Kriegerdenkmal des Infanterieregiments Herwarth von Bitterfeld Nr. 13 und des Infanterie- und Panzergrenadier-Regiments Nr. 79
Standort
Auf der Promenade in Höhe Goldene Brücke, Adenauerallee
Lage im Stadtplan
Initiator
Traditionseinheiten / Kameradschaftsverein des Infanterie-Regiment Nr. 13 und Tochtereinheiten
Gestalter
Entwurf und Ausführung Bildhauer Heinrich Bäumer senior
Gestaltung
Die sechs Meter hohe obeliskförmige Sandsteinpyramide ist mit verschiedenen Symbolen zu Sieg und Kampf verziert und wird mit einem Eisernen Kreuz bekrönt. Die Pyramide ruht auf vier Steinkugeln von ca. 60 Zentimenter Durchmesser. Das Fundament ist eine quadratische Grundplatte.
Auf der Vorderseite befindet sich ein Hochrelief mit der Darstellung eines Löwen (= Zeichen der Tapferkeit und Stärke). Auf der Rückseite findet man ein Relief mit einem nackten Krieger, dessen rechter Arm auf einem Schwert ruht. In Anlehnung an bekannte christliche Bildmotive soll der Krieger seine Wiederauferstehung für zukünftige Kämpfe symbolisieren. Daneben liegt ein lorbeerumkränzter Helm. (= Formenrepertoire, das den Symbolgehalt des Sieges, der Überwindung impliziert. Uber, S. 86)
Einweihung
Grundsteinlegung: 3. Juni 1923; Fertigstellung: Oktober 1923, Einweihung: 3. Mai 1925
Erinnerungsmotiv
Erinnerung an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Das Kriegerdenkmal dient der Heldenverehrung und trägt revanchistische Züge.
Im Spendenaufruf zur Denkmalfinanzierung verdeutlichte der Traditionsverein der "Dreizehner"-Offiziere, welche politische Aussage seine Mitglieder mit dem Kriegerdenkmal verbanden: Sie waren getrieben vom Gedanken, den fünf Jahre zuvor beendeten Weltkrieg fortzusetzen, um die vermeintliche "Schmach von Versailles" zu überwinden. Sie wollten im Gedenken an die Gestorbenen "das Werk zum Ende führen, für das unendlich viel Heldentod geflossen ist. […] Wir ehren unsere Toten […], damit wir aus diesem Angedenken die Kraft schöpfen, die uns zum endlichen Siege führen wird." (Münsterischer Anzeiger 3.6.1923)
Von solchen revanchistischen Ideen waren einige Offiziere der "Dreizehner" getrieben. Unter ihnen befand sich Franz Pfeffer von Salomon, der später als Freikorps-Kämpfer die NSDAP in Westfalen aktiv mitaufbaute. (Vgl. Michael Bieber, Das „Dreizehner“- ein vielfach umstrittenes Denkmal, in: Ders., Alexandra Bloch-Pfister, Sabeth Goldemann, Sabine Kittel (Hgg.), Kriegerdenkmäler in der Friedensstadt – Münsteraner Erinnerungsorte? Münster 2018, S. 56-66, hier S. 60f.)
Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte eine Bedeutungserweiterung. Auf der Vorderseite wurde "Ehre den Toten beider Weltkriege" ergänzt.
Die Ausweitung des Gedenkens bezog sich konkret auf die Toten des Infanterieregimentes 79, das später in Panzergrenadierregiment 79 umbenannt wurde. Die ‚79er' entstanden 1936 und wurden in der 16. Panzerdivision in Russland eingesetzt, die 1943 fast völlig vernichtet wurde. Die 79er nahmen die Tradition des Dreizehner-Regimentes auf.
Geschichtlicher Hintergrund
Das Infanterieregiment Nr. 13 entstand 1813 als 1. Reserve-Infanterie-Regiment. Umbenennungen erfolgen:
- 1815: in 13. Linien-Regiment
- 1816: in 13. Infanterie-Regiment
- 1889: in Infanterie-Regiment Herwarth von Bittenfeld Nr. 13.
Einsätze u. a. im Deutsch-Dänischen Krieg, Deutsch-Französischen Krieg, Boxeraufstand in China, Herero-Aufstände, Erster Weltkrieg
- 1919, 30.09.: Auflösung aufgrund des Versailler Vertrages
- 1921, 21.01.: 18. Infanterie-Regiment - Der 5. Kompanie dieses Regiments mit Standort Münster wurde die Tradition des ehemaligen Königlich Preußischen Infanterie-Regiments Herwarth von Bittenfeld Nr. 13 verliehen.
- 1936: Entstehung des Infanterieregiment Nr. 79, später Panzergrenadierregiment 79
Einsatz im Zweiten Weltkrieg in der 16. Panzerdivision in Russland
- 1954: Inschrift für das 79er-Regiment
Vorgänger:
Erstes Dreizehner-Denkmal Germania-Denkmal von 1872, Standort: "Ludgeriberg" am heutigen Ludgeritor, Einweihung am 1. September 1872, Gestalter: Bildhauer J. Bernhard Allard, Gestaltung: Sockel mit Marmortafeln, Namen der im Deutsch-Französischen Krieg gefallenen Soldaten des Regimentes; auf dem Sockel: Frauenfigur "Trauernde Germania", 1935 versetzt an das Neubrückentor, Zerstörung im Zweiten Weltkrieg; Erinnerungsmotiv: Heldenverehrung
Nach der Auflösung des Regimentes aufgrund des Versailler Vertrages wurden die Mannschaftssoldaten zur Sicherung der jungen Weimarer Republik eingesetzt. Einige monarchistisch gesinnte Offiziere schlossen sich Freikorps an, um die Demokratie zu bekämpfen.
Öffentliche Wahrnehmung
Seit 1963 fanden offizielle Gedenkfeiern am Dreizehner-Denkmal statt. Am Volkstrauertag gedachten Vertreter des Volksbunds Deutscher Kriegsgräberfürsorge, des Rings deutscher Soldatenverbände zu Münster und der Stadt Münster der Opfer von Krieg und Gewalt.
- 1963: Feierstunde zum 150. Jubiläum der Gründung des Dreizehnerregimentes mit Ehrenformation der Bundeswehr mit Kranzniederlegung, Ehrung der Toten und Mahnung zum Frieden
- 19.11.1989: offizielle Veranstaltung am Volkstrauertag am Dreizehnerdenkmal mit Ehrenformation und Heeresmusikkorps der Bundeswehr, Fahnenabordnungen von Soldatenverbänden - Mahnung zum Frieden und zur Aussöhnung, Kranzniederlegung. Nach der offiziellen Veranstaltung fand eine Protestkundgebung statt mit 50 bis 60 Mitgliedern der Grünen, der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner, des Akafrik. Protestzug vom Dreizehnerdenkmal über das Kürassierdenkmal zum Traindenkmal, Kritik an der Soldaten-Ehrung
- 1992: Entfernung von Farbbeschmierungen
- 1994: Prof. Arnold Vogt (WN: 24.3.1994): "Der Schriftzug 'Treue um Treue' beweist, daß der Soldatentod immer noch als Ehre und Vorbild angesehen wurde. Die heroisierende Darstellung auf der Rückseite des Denkmals versinnbildlicht das Wiedererstarken des deutschen Nationalgefühls."
- ab 2016: Verlagerung der offiziellen Gedenkveranstaltung zum Platz des Westfälischen Friedens hinter dem Rathaus
1926 wurde außerdem die Dreizehnerstraße in Münster nach dem Regiment benannt.
Löwenfigur am Dreizehner-Denkmal symbolisiert Kraft und und Wiedererstarkung, darunter eine Inschrift von 1930
Inschrift
Vorderseite
über dem Löwen: "Treue um Treue"
[Im Bericht der Westfälischen Landeszeitung vom 5. Mai 1925 wird aus der Rede des Generalmajors a.D. Carl Groos anlässlich der Einweihung zitiert: "Unser Denkmal gemahnt uns in seiner wuchtigen Form an die Größe des Heldenmutes der Gefallenen. […] So werden wir dem Denkspruch gerecht: Treue um Treue." Es ist davon auszugehen, dass die Inschrift ‚Treue um Treue' bereits seit Entstehung des Denkmals angebracht war.]
Ergänzungen:
Oktober 1930: "Es starben den Heldentod vom Aktiven[-], vom Reserve[-] und vom / Landwehr=Inf. Reg. 13: 2450 Offiziere 66.333 Mann."
1954: "Dem Andenken der im Traditionsregt. Inf.-U.PZ. Gren. RGT. 79 / Gefallenen Kameraden / 1939 - 1945"
[Die Tradition des Infanterie-Regimentes Nr. 13 war nach seiner Auflösung 1919 auf das spätere 79. Artillerie-Regiment der deutschen Wehrmacht übergegangen.]
vermutlich 1954 (über "Treue um Treue"): "Ehre den Toten / beider Weltkriege" und auf der gegenüberliegenden Seite: "79. Artillerie-Regiment der Wehrmacht"
(Vergleiche: Bieber, S. 61/62)
Quellen und Literatur
Quellen
Landesarchiv NRW, Abt. W, Traditionsverband der ehemaligen Infanterie-Regimenter 13 und 79 in Münster, Nr. 2
Stadtarchiv Münster, Kriegschronik Schulte, Eintrag v. 7.8.1914
Stadtarchiv Münster, Fotosammlung Nr. 83–85 und Nr. 25410-25412
Zeitungsausschnittsammlung Nr. 79.3
Zeitungsartikel
Westfälische Landeszeitung, 5.5.1923
Münsterischer Anzeiger, 3.6.1923
Münstersche Zeitung, 11.7.1923
Westfälische Nachrichten, 18.10.1951
Münstersche Zeitung, 15.3.1954
Westfälische Nachrichten, 15.3.1954
Münstersche Zeitung, 9.12.1954
Westfälische Nachrichten, 29.6.1963
Westfälische Nachrichten, 1.7.1963
Westfälische Nachrichten, 2.9.1972
Westfälische Nachrichten, 1.10.1983
Westfälische Nachrichten, 27.8.1985
Westfälische Nachrichten, 24.3.1994
Westfälische Nachrichten, 14.11.2015
Westfälische Nachrichten, 2.2.2018
Literatur
- Ursula Uber, Freiplastiken in Münster, Münster 1977, Bild Nr. 23 u. S. 86 u. 89
- Bildheft "Ehrenmale zum Gedenken der Kriegsopfer" hrsg. von der Top Bttr. 101 Münster im Nov. 1965
- Kerngruppe 10.2 Friedensschule Münster, "... bereit, zu leiden und zu sterben ..."? Krieger denk-mal (nach)!, [Münster 1993] (Schülerwettbewerb Deutsche Geschichte 1992/93, Denkmal: Erinnerung, Mahnung, Ärgernis), [Signatur: 4 SAB 116]
- Matthias Droste, Das Dreizehner-Denkmal in Münster, (Geschichtswettbewerb um den Preis des Bundespräsidenten 2008/2009), Münster 2009 [Signatur: 4 SAB 706]
- Arnold Vogt, Den Lebenden zur Mahnung. Denkmäler und Gedenkstätten. Zur Traditionspflege und historischen Identität vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Hannover 1993
- Michael Bieber, Das "Dreizehner" - Ein vielfach umstrittenes Denkmal, in: Michael Bieber u.a. (Hrsg.): Kriegerdenkmäler in einer Friedensstadt. Münsteraner Erinnerungsorte?, Münster 2018, S. 56-66
- Simon Struck, Kontinuität einer lokalen Erinnerungskultur durch ein Denkmal? - Das Dreizehner Denkmal in der Weimarer Republik und den [19]50er Jahren, unveröff. Hausarbeit an der Universität Osnabrück, Osnabrück 2017