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Erinnern nach 2000
Projekt "Stolpersteine" des Künstlers Gunter Demnig sowie Verein "Spuren Finden e.V."
Standorte
Die so genannten Stolpersteine oder auch Erinnerungssteine, versehen mit den Namen und den persönlichen Daten der NS-Opfer, werden im Bürgersteig vor ihren letzten freigewählten Wohnhäusern in den Straßen Münsters verlegt.
- Interaktive Karte der Stolpersteine in Münster
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Stolpersteine in Münster
(Liste des Vereins Spuren finden e. V. mit Namen und Verlegungsorten)
Initiatoren
Gunter Demnig, Paten der Stolpersteine, Verein "Spuren Finden e. V."
Gestalter
Gunter Demnig
Gestaltung
Äußere Form der Stolpersteine: Bei den Stolpersteine handelt es sich um aus Beton gegossene Steine. An der Oberfläche tragen sie eine 10 mal 10 cm große Messingplatte, in die eine Inschrift eingestanzt wird: Hier wohnte / hier lebte, darunter steht jeweils der Name, Jahrgang und das Schicksal jedes einzelnen Menschen.
Erste Verlegung
Erster Stolperstein in Münster: 27.1.2004. Stand 2023: 295 Steine in der Stadt Münster.
Stolpersteine für Opfer der Euthanasie
Erinnerungsmotiv
Der Künstler Günter Demnig schafft mit den Stolpersteinen persönliche Erinnerungsmale an Menschen, die im Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden. So wird erinnert an die Vertreibung und Ermordung von Juden, Sinti und Roma, politisch Verfolgten, Homosexuellen, Zeugen Jehovas und Opfern der NS-Euthanasieprogramme.
Für Auswahl und Koordinierung der Verlegung der Gedenksteine ist der Verein "Spuren Finden" verantwortlich. Außerdem möchte der Verein an die Lebensgeschichten der Opfer des Nationalsozialismus im Münsterland erinnern. In einem ständig wachsenden Gedenkbuch werden die einzelnen Schicksale von Opfern der NS-Zeit nachgezeichnet. Das Gedenkbuch liegt in der Villa ten Hompel aus.
Die Stadt Münster (Zentrales Geodatenmanagement) stellt in ihrem Geoportal „Stolpersteine in Münster“ Biogramme, Fotos und Dokumente zu den einzelnen Personen zur Verfügung: geo.stadt-muenster.de/stolpersteine.
Geschichtlicher Hintergrund
Die Stolpersteine erinnern an Opfer der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus.
Der Kölner Künstler Gunter Demnig (geb. 1947 in Berlin) erinnert mit den Stolpersteinen an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing in den Gehweg einlässt. "Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist", so das Motto des Künstlers. Seit 1992 beschäftigte sich Demnig mit der NS-Verfolgung und suchte bei Nachbarn, Verwandten und in Archiven nach den "Wohnräumen" von Opfern. 1993 erfolgte der Entwurf zum Projekt Stolpersteine; 1995 eine probeweise Verlegung der Stoplersteine in Köln. Für Demnig ist das Stolperstein-Projekt in Deutschland (seit 1995) und Europa (seit 2006) zum Lebenswerk geworden. Im Münsterland werden die Erinnerungssteine seit Januar 2004 verlegt. Seitdem haben über 25 Bürgerinitiativen in den Städten und Dörfern das Anliegen aufgegriffen.
Seit Januar 2004 verlegt der im Jahr 2000 gegründete Verein "Spuren Finden" gemeinsam mit Gunter Demnig Stolpersteine in Münster. Bis 2023 wurden insgesamt 295 Stolpersteine in Münster verlegt. Die größte Zahl der Steine erinnert an ermordete Juden. Neben weiteren Stolpersteinen für Sinti und Roma (2004 für Julitta Kraus, 2010 und 2017 für Mitglieder der Familie Lübke, und 2023 für 16 Mitglieder der Familie Wagner), Zeugen Jehovas sowie Opfern der Euthanasie wird auch eines homosexuellen Opfers des Nationalsozialismus gedacht.
Nicht immer werden die Steine vor den ehemaligen Wohnhäusern verlegt. So erinnern Stolpersteine im zentral gelegenen Rathausinnenhof an den Rabbiner und Lehrer Dr. Julius Voos und seine Familie.
Seit 2004 werden die Stolpersteinverlegungen von Paten begleitet. Patenschaften übernehmen Schulklassen, Vereine, Einzelpersonen, Familienangehörige der Opfer. Die Paten beteiligen sich sowohl an der Finanzierung der Stolpersteine als auch teilweise an der Erforschung der Lebensgeschichten der jeweiligen NS-Opfer. 16 Schulen aus Münster und einzelne Personen sind an der Reinigung der Stolpersteine beteiligt.
In Verbindung mit der Stolpersteinverlegung steht von Beginn an das Gedenkbuchprojekt des Vereins "Spuren Finden". Damit sollen die NS-Opfer in das Gedächtnis der Gesellschaft zurückgeholt werden. Der Verein unterstützt vor allem Schülerinnen und Schüler oder Jugendgruppen dabei, als Paten die Lebenswege der Opfer zu recherchieren und in einem Gedenkblatt zu dokumentieren. Die individuellen Lebensgeschichten werden jeweils dem "Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus in Münster und im Münsterland" zugefügt. Jährlich finden um den 13. Dezember (Datum der ersten Deportation von Juden von Münster nach Riga) im Geschichtsort Villa ten Hompel Veranstaltungen statt, bei denen Lebensgeschichten vorgestellt wurden. Das Projekt Stolpersteine wird auf der Homepage des Vereins SPUREN FINDEN e.V. umfassend vorgestellt.
Öffentliche Wahrnehmung
Demnig bekam im September 2005 von Bundespräsident Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz verliehen.
Vom 2. bis 18 November 2009 fand die Ausstellung "Stolpersteine: Erinnerung - vor die Tür gelegt" statt.
Regelmäßig wird die Verlegung und Reinigungsaktionen von Stolpersteinen in der Presse dokumentiert.
Quellen und Literatur
Zeitungsausschnittsammlung Nr. 10
Literatur
- Alexander Wietscher: "Stolpersteine?" Münsteraner Denkmalprojekte und Denkmale zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Unveröff. Examensarbeit, Münster 2009. [Signatur: 4 HSS 644]
- Susanne Schriever, Tabea Taubert: Herr Gunter Demnig, sein Projekt Stolpersteine und die Familie Benesch. Menschen, die aus der Sicht des Betrachters etwas Besonderes leisten. (Geschichtswettbewerb um den Preis des Bundespräsidenten 2008/2009: Helden, verehrt - verkannt - vergessen), Münster 2009
- Manfred Stecker: Stolpersteine helfen beim Gedenken In: Westfalenspiegel 6/2004
- Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe. Die Ortschaften und Territorien im heutigen Regierungsbezirk Münster, hrsg. von Susanne Freund u. a. (Quellen und Forschungen zur jüdischen Geschichte in Westfalen Bd. 2), Münster 2008, Münster, S. 497 ff.