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Domplatz
Der Domplatz: Archäologie eines besonderen Geschichtsortes
Das Herz der Altstadt, der Domplatz in Münster, wird täglich von vielen Menschen mit größter Selbstverständlichkeit überquert. Den Wenigsten ist jedoch bewusst, dass sich unter ihren Füßen einer der geschichtsträchtigsten und interessantesten Plätze Münsters befindet, der schon oft im Fokus der Stadtarchäologie stand.
Der Dom und seine Vorgängerbauten, die frühmittelalterliche Domburg und das Domkloster weckten früh das Forschungsinteresse der Archäologen. Die Ausgrabungen von der Nachkriegszeit bis in die 1980er Jahre erbrachten bereits wichtige Erkenntnisse zur Bau- und Besiedlungsgeschichte dieses für Münster so zentralen Platzes.
Die Ausgrabungen seit 2001
Die Stadtarchäologie konnte seit 2001 durch Ausgrabungen und Baustellenbeobachtungen viele neue Fakten hinzufügen oder ältere Fehlinterpretationen revidieren. Ergebnisreiche archäologische Untersuchungen begleiteten den Neubau des Landesmuseums (2008) und den Umbau des Geologischen Museums (2011), die Renovierung des Doms (2011/2012), den Neubau im Hof des Fürstenberghauses (2012/2013) und den Neubau am „Philosophicum“ (2013/2014). Zugleich wurden in den Jahren 2012 und 2013 verschiedene Straßen- und Leitungsbaumaßnahmen auf dem Domplatz archäologisch begleitet.
Von der Domburg zum Domimmunität
Der Domplatz war im Laufe der Stadtgeschichte zahlreichen Entwicklungen und Veränderungen unterworfen. Seit dem ausgehenden 8. Jahrhundert entwickelte sich hier eine Ansiedlung um das von Liudger gegründete Domkloster und den Bischofssitz, bewohnt von Handwerkern, Händlern und Angestellten des Bischofs und des Domkapitels. Nach zwei verheerenden Bränden in den Jahren 1121 und 1197 verließen die Händler und Handwerker die Domburg und wohnten nun entlang der umgebenden Markt- und Handelsstraßen. Der innere Bereich war fortan Sitz des Bischofs und ausschließlich Wohnort der Domkanoniker, ihres Personals sowie der bischöflichen Beamten. Die umgebende Immunitätsmauer, errichtet im 13. Jahrhundert, kennzeichnete den eigenen Rechtsbereich des Bischofs und grenzte ihn von der Bürgerstadt ab.
Eine Enklave im Trubel der Stadt
Bis zur Aufhebung des Fürstbistums im Jahr 1802 können wir uns den Domplatz als einen stillen, nach außen von der restlichen Stadt durch die Immunitätsmauer und ihre Tore abgeschiedenen Ort vorstellen. Die Grundstücke mit den Wohnhäusern der Domherren (Kurien), ihren Höfen, Grünanlagen und Nebengebäuden waren jeweils zum Domplatz oder den ihn umgebenden Wegen hin mit Mauern und Durchgängen darin abgeschieden. Es war eine gängige Praxis, Wohn- und Klosterhöfe in der Stadt durch hohe Mauern vom Straßenraum und den benachbarten Parzellen abzugrenzen, jedoch bot Domplatz durch die homogene Bebauung mit Kurienhöfen ein besonders einheitliches Bild, wie es die Stadtansicht von 1607 zeigt.
Der Domplatz heute
Seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts wandelte sich die Bebauung des Domplatzes erneut. Nach der Auflösung des Fürstbistums 1802 und der endgültigen Übernahme der Regierung durch das Königreich Preußen ab 1815 wurden die älteren Kurien vielfach durch Bauten für Kultur, Verwaltung und die Universität ersetzt. Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs entstanden in den 1950er und 1960er Jahren moderne zeitgemäße Bauten wie das Fürstenberghaus (ab 1953), das Landesmuseum (ab 1960; Neubau 2009 bis 2014), die Hauptpost (1956), das Regierungspräsidium und das Bankhaus Lampe (ab 1954). Nördlich des Doms kamen später das Diözesanmuseum und das bischöfliche Offizialat, die bischöfliche Darlehenskasse sowie Wohnhäuser von Domgeistlichen und Angestellten der Bistumsverwaltung hinzu.
Bauten aus vergangenen Jahrhunderten
Die ältesten erhaltenen Häuser des Domplatzes finden wir mit Horsteberg 34a, ein ehemals zur Nagelschen Kurie gehörender Bau aus dem 17. Jahrhundert, heute Teil des Klarissenkonvents, und mit dem Fachwerkbau Horsteberg 19 aus dem Jahr 1775. Barocke Kurien, die im dem Zweiten Weltkrieg nicht vollständig zerstört wurden und erhalten werden konnten, sind die Kettelersche Kurie (Domplatz 30/31, erbaut 1712-1717 von Lambert Friedrich Corfey, heute Generalvikariat, Domverwaltung und Dompropstei), der Wohnsitz des Bischofs (Domplatz 27, erbaut 1732 ebenfalls von Lambert Friedrich Corfey, ehemals Domdechanei) und an der Pferdegasse die Landsbergsche Kurie (erbaut 1703-1705 durch Gottfried Laurenz Pictorius), heute Geomuseum. Gebäude des 19. und frühen 20. Jahrhunderts sind das Philosophikum (Domplatz 23, früher Ludgerianum, erbaut 1901-1903), der Altbau des Landesmuseums (Domplatz 8/9, erbaut 1905-1908), das Kollegium Borromaeum (Domplatz 8, erbaut 1913-1915) und das Freiherr von Vincke-Haus (Domplatz 36, als Reichsbank 1892/1893 erbaut), heute zum Regierungspräsidium gehörend. Sie alle vermitteln einen Eindruck vom ehemals vielfältigen historischen Gebäudeensemble des Domplatzes.