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Drubbel
Ausgrabungen am Drubbel
In den Jahren 2002 und 2003 ergab sich für die Stadtarchäologie die Möglichkeit, einen großen Teil des Drubbels untersuchen zu können, ehe mit den darauffolgenden Kanalbauarbeiten und der anschließenden Neugestaltung des Platzes begonnen wurde. Seit 2019 liegt die wissenschaftliche Auswertung der Ausgrabung durch Mathias Austermann vor, der die Geschichte des Drubbels von seinem Beginn an rekonstruiert und für uns begreiflich gemacht hat. Die Ergebnisse der Ausgrabungen am Drubbel werden auch in einer multimedialen Präsentation in der Schausammlung des Stadtmuseums Münster gezeigt.
Eine Insel auf der Straße
Im Straßenpflaster nahe der Lambertikirche ist noch heute der Umriss des ehemaligen „Drubbels“ markiert, jener kleinen Ansammlung von zehn Häusern, die in den Jahren 1906 und 1907 abgerissen wurden. Der Ausbau der Straßenbahntrasse erforderte eine breite Durchfahrt an dieser Stelle, und so wurde das malerische Ensemble aus kleinen Fachwerkhäusern entfernt. Zuvor hatten sich Kutschen und Fuhrwerke rechts und links neben dem Drubbel vorbeidrängen müssen, ein Umstand, der heute noch im Fehlen des Bogengangs an den Häusern Drubbel 1 bis 5/6 erkennbar ist. Bereits 1710 hatte die fürstbischöfliche Regierung wegen der beengten Straßenführung den Abriss des Drubbels geplant, jedoch konnte dieses Vorhaben von den Bewohnern und Eigentümern der Häuschen erfolgreich verhindert werden. Im Jahr 1712 wurde lediglich die schon lange ruinöse Münzstätte am Nordende des Drubbels entfernt.
Die benachbarte „Schomeckerryge“
Alte Pläne des 18. und 19. Jahrhunderts belegen die dichte Bebauung des heute großzügigen Kreuzungsbereiches von Prinzipalmarkt, Altem Fischmarkt und Drubbel/Roggenmarkt. Nicht nur die zehn Häuser des Drubbel standen hier, sondern nordwestlich der Lambertikirche eine Reihe kleiner Handwerkerhäuser, die den Spitznamen „hölzernes Wams“ trugen oder auch als die „Schomeckerryge“ („Schuhmacherreihe“) bezeichnet wurden. Sie waren der Rest der hochmittelalterlichen Kirchhofbebauung rings um die Lambertikirche, deren frühester Bau in die Zeit um 1040 datiert wird. Von den ursprünglich bis zu 18 kleinen Handwerkerhäusern („Schomeckerryge“), die bereits 1233 als „beheizbar“ beschrieben wurden, waren schließlich nur noch neun übrig, die zwischen 1773 und 1775 abgebrochen wurden.
Die Anfänge am Drubbel
Nach den Ergebnissen der Ausgrabungen 2002-2003 lässt sich nun die Geschichte des Drubbels recht verlässlich rekonstruieren: Vor seiner Errichtung befand sich hier, vor dem nordöstlichen Tor der alten Domburg, lediglich eine ungepflasterte Straßenkreuzung der von Westen kommenden Friesischen Straße mit der von Süden kommenden Kölnischen oder Rheinischen Straße. Im Laufe des 11. Jahrhunderts entwickelte sich entlang der Straßentrasse von ersterer, des späteren Roggenmarkts, ein kleiner Straßenmarkt auf dem etwa 20 Meter breiten Streifen zwischen dem Domburggraben und der Straße. Reste von Zäunen und schmalen Begrenzungsgräben zur Domburg hin lassen vermuten, dass hier vielleicht mit Kleinvieh gehandelt wurde. Hinweise auf handwerkliche Tätigkeiten in diesem Bereich wie die Verarbeitung von Buntmetall und Tierknochen wurden ebenfalls beobachtet.
Fest steht auch, dass es kleine abgegrenzte Marktparzellen mit einer Größe von nur etwa 3 x 15 Metern gab, wie sie auch aus anderen Städten Westfalens für das Hochmittelalter bekannt geworden sind. Spätestens im ausgehenden 12. Jahrhundert dürften hier hölzerne Marktbuden gestanden haben, deren Spuren jedoch von den nachfolgenden Bautätigkeiten überlagert wurden. Es ließen sich überregionale Handelsaktivitäten nachweisen: Im Fundmaterial befinden sich auch die Knochenreste großer Seefische wie Kabeljau und Stör, die wohl in getrockneter Form als Stockfisch angeliefert wurden.
Marktleben im Hochmittelalter
Mit der Aufsiedlung der Westseite der Domburg in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurden die kleinen Marktparzellen an der Ostseite des Drubbels geteilt, so dass eine zweite Budenreihe an der westlichen Seite gebaut werden konnte, die zu den neuen Häusern an der Außenseite der Domburg hin ausgerichtet war. Eine schmale Marktstraße entstand, und die Insellage des Drubbels inmitten zweier Straßentrassen war damit festgelegt. Die Straße selbst erhielt in dieser Zeit eine Pflasterung, die in kurzen Zeitabständen erneuert wurde, sodass wir von einer starken Nutzung ausgehen können.
Am südlichen und am nördlichen Ende der kleinen Marktsiedlung wurde jeweils ein größeres Gebäude auf steinernen Fundamenten nachgewiesen. Möglicherweise waren hier Marktaufsicht, Zollstelle oder auch die früheste bischöfliche Münzstätte untergebracht. Auch ein gemauerter Brunnen wurde kurz nach 1183 angelegt, der bis zum Abbruch des Drubbels 1906/1907 in Betrieb war.
Der Drubbel im Spätmittelalter
Von den Bauten des Drubbels konnten bei der Ausgrabung 2002–2003 die Kellerfundamente von mindestens zehn kleinen, aneinander gebauten Gebäuden erfasst werden, die in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts errichtet worden waren. Vermutlich besaßen diese Häuschen über ihrem Kellergeschoss ein ebenfalls in Stein ausgeführtes Erdgeschoss sowie ein Obergeschoss aus Fachwerk. Anstelle der Marktbuden gab es nun bewohnbare Häuser, in denen gelebt und gearbeitet wurde. Mit nachträglichen Einbauten wie Kellerzugängen oder Kaminen wurden sie in den folgenden Jahrhunderten immer wieder an die Bedürfnisse ihrer Eigentümer und Bewohner angepasst. Seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert sind auch Namen und vereinzelt Berufe der hier lebenden Menschen bekannt, vorwiegend Handwerker oder Händler, deren Gewerbe nicht viel Platz benötigte.
Bis in die Neuzeit hinein wurden die Keller des 13. Jahrhunderts immer wieder mit neuen Häusern überbaut, so dass der Umriss des ursprünglichen Drubbels erhalten blieb. Die 1906/1907 abgerissenen Häuser trugen die Fassadengestaltung des 18./19. Jahrhunderts, waren im Kern jedoch meist älter.
Die bischöfliche Münzstätte
Nach den Schriftquellen ließ der Bischof seine Münzstätte um 1370 an das nördliche Ende des Drubbels verlegen. Vor dem Beginn der Ausgrabung im Jahr 2002 war die Hoffnung groß, die 1712 abgebrochene Anlage zu finden. Reste des unregelmäßig rechteckigen Gebäudes mit einer Grundfläche von ca. 9,50 m–9,80 m x ca. 4,40 m–5,80 m konnten dokumentiert werden, jedoch hatte man große Teile davon bereits in der jüngeren Vergangenheit beim Ausheben von Leitungs- und Kanalisationsgräben zerstört.
Literatur
Neujahrsgruß (2003), S. 85f.
Austermann, Mathias (2019): An der Nordostseite der ältesten Stadt Münster. Die Grabungen am Drubbel 2002/2003. In: Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 14, 2018/2019, S. 213–399, 3 Beilagen