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Domplatz Straßenausbau
Beobachtungen beim Straßenbau auf dem Domplatz
Schaut man sich die Geografie des Stadtgebietes von Münster einmal an, wird verständlich, dass sich Menschen schon lange vor den Anfängen der heutigen Stadt hier niederließen. Die Nähe zu den Übergängen über die Aa, flache Furten, die sich zu Fuß, zu Pferd oder mit dem Wagen leicht überqueren ließen, die hochwasserfreie Lage auf dem erhöhten Domhügel und siedlungsgünstige Acker- und Weideflächen im unmittelbaren Umfeld mögen früh schon Siedler angezogen haben. Ihre Spuren zu finden ist jedoch nicht einfach, da sie keine großformatigen Bauten oder Vergleichbares hinterließen. Die Spannung ist daher umso größer, wenn es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtarchäologie gelingt, Reste vorgeschichtlicher Besiedlung aus den Schichten und Verfärbungen im Boden heraus zu „lesen“.
Fenster in die Vergangenheit
Seit dem Jahr 2001 hatte es im Rahmen kleinerer Baumaßnahmen immer wieder die Gelegenheit gegeben, einen Blick in den geschichtsträchtigen Boden des Domplatzes und seines Umfeldes zu werfen, jedoch waren die untersuchten Ausschnitte recht klein. 2012 und 2013 begleitete die Stadtarchäologie den Straßen- und Leitungsbau am Domplatz, in der Pferdegasse, an der Rothenburg und an der Johannisstraße. Die freigelegten Flächen waren deutlich größer als zuvor und ermöglichten viele neue Beobachtungen. Die Befunde kamen bereits dicht unter der heutigen Oberfläche zutage und waren nicht, wie andernorts, von jüngeren Auffüllschichten überlagert.
Am Domplatz zeigte es sich, dass der Verlauf der heutigen Straße vom Regierungspräsidium bis zum Landesmuseum vermutlich seit dem hohen oder späten Mittelalter entstand, nachdem der Bereich der ehemaligen Domburg endgültig zur Domimmunität, dem abgeschlossenen Rechts- und Wohnbereich der Domgeistlichkeit, des Bischofs und ihrer Angestellten geworden war.
Handwerk und Landwirtschaft auf dem Domplatz
In weniger als einem Meter Tiefe stießen die Archäologinnen und Archäologen auf die schon an anderen Stellen im Umfeld des Domes beobachtete Siedlungsschicht des 2. und 3. Jahrhunderts nach Christus, die allerdings keine datierenden Funde enthielt. Jünger als sie waren einige Gräben, die auf einer Länge von bis zu 21 Metern dokumentiert werden konnten und zum Teil rechtwinklig abknickten. Möglicherweise handelte es sich dabei um Gräften, die eine Weidefläche oder ein Gehöft umschlossen, wie sie auch später für das Münsterland überliefert sind. Im 9. Jahrhundert wurden sie offenbar nicht mehr benötigt und zugeschüttet, da sich die Besiedlungsstruktur auf dem Domplatz änderte.
Früh und hochmittelalterliche Grubenhäuser
Das Gebiet südlich von Dom und Domkloster wurde ab dem ausgehenden 8. und beginnenden 9. Jahrhundert mit kleineren Gehöften oder Häusern von Handwerkern und Händlern bebaut. In großer Zahl errichteten die Bewohner vor Allem eingetiefte Grubenhäuser, in denen vorwiegend gewebt wurde. Innerhalb der Ausgrabungsfläche konnten allein 17 verschiedene, einander teilweise überlagernde Grubenhäuser belegt werden. Bis in das 11. Jahrhundert hinein wurden die oft nur 12–16 Quadratmeter Bodenfläche umfassenden Gebäude angelegt, ehe das Domkapitel als Eigentümer des Areals eine erneute Veränderung der Bebauungsstruktur veranlasste.
Literatur
Jakobi, Holger (2014): Mittelalterliche Siedlungsspuren auf der Domburg – Erkenntnisse aus dem Straßenbau 2013. In: Archäologie in Westfalen-Lippe 2013, Langenweißbach 2014, S. 103–105.
journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/aiw/article/view/26036/19752
Pape, Jürgen, Sicherl, Bernhard (2005): Die vorgeschichtliche Besiedlung auf dem Domhügel. In: Isenberg, Gabriele, Rommé, Barbara (Hg.): 805: Liudger wird Bischof. Spuren eines Heiligen zwischen York, Rom und Münster. Begleitband der Ausstellung im Stadtmuseum Münster vom 12. März bis 11. September 2005. Mainz 2005, S. 169–174.