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Roggenmarkt 4
Im Hinterhof des Hauses Roggenmarkt 4
Bei der Erweiterung des Wohn- und Geschäftshauses Roggenmarkt 4 wurde im Winter 2004/2005 im Hofbereich das Grundstück einer ehemaligen Domherrenkurie, gelegen zwischen Horsteberg 17 und 18, angeschnitten. Im 12. Jahrhundert löste sich das gemeinsame Leben der Domherren im Domkloster auf, als sie eigene Wohnhöfe, sogenannte Kurien bezogen. Sie entstanden am Rande des Domplatzes ringförmig um den Dom herum. Der Verlauf dieser Bebauung ist besonders am Roggenmarkt im rückwärtigen Bereich der Häuser noch erkennbar: Zum Domplatz hin sind die Grundstücke breiter und weniger dicht bebaut, während sich am Roggenmarkt jenseits des ehemaligen Verlaufs der um 1280 errichteten bischöflichen Immunitätsmauer schmale Parzellen aneinanderreihen. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit waren die Domherren adelig, so dass die Ausstattung der Domherrenkurien einen gehobenen Lebensstandard spiegelte. Die Stadtarchäologie konnte seit 2001 Teilbereiche einzelner Kurien untersuchen, von denen jene am Horsteberg nahe dem Haus Roggenmarkt 4 hier vorgestellt wird.
Eine Kurie adeliger Domherren
Über das Aussehen der 1753 abgerissenen Kurie ist heute nicht mehr viel bekannt, denn erhalten hat sich lediglich ein Teil ihres vermutlich mittelalterlichen Kellers. Seine Reste sind heute in den Verkaufsraum des Hauses Roggenmarkt 4 integriert. In der Stadtansicht des Everhard Alerdinck aus dem Jahr 1636 ist die Kurie als zweiflügeliger Bau im rückwärtigen Teil des Grundstücks dargestellt, doppelt so breit wie die Parzellen des hinter der Immunitätsmauer gelegenen Roggenmarktes. Wie sich herausstellte, war ein Teil der Immunitätsmauer in die rückwärtige Wand des Kurienkellers integriert worden. Für die Zeit um 1300 sind als Bewohner der Kurie die Domherren Arnold und Werner von Hövel überliefert.
Von der Ausstattung der Domherrenkurie mit einem qualitätvollen Fliesenboden im Erdgeschoss fanden sich glasierte Fliesen des 13./14. Jahrhunderts mit wunderschönen stilisierten Figuren von Löwe, Hirsch und Adler, die im Mittelalter besonders beliebte Fliesenmotive waren. Sie gelangten wohl beim Abbruch der Kurie im 18. Jahrhundert mit dem Bauschutt in den Boden. Das Grundstück wurde anschließend als Gartenland der benachbarten Kurie Horsteberg 17 zugeschlagen und erst nach 1945 wieder bebaut.
Literatur
Dickers, Aurelia: Vorberichte in Neujahrsgruß (NG) 2005, S. 91; NG 2006, S. 109
Stadt Münster, Pelzhaus Mersmann (Hg.): Das Haus Roggenmarkt 4. Flyer zur Geschichte des Hauses und zu den Ausgrabungen im Hinterhof. 2005
Squar, Laura Aylin (unveröffentlicht): Mittelalterliche ornamentierte Bodenfliesen aus Ausgrabungen in Münster/ Westf. Abschlussarbeit zur Erlangung eines 2-Fach Bachelors der Philosophischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster (Westf.), 2019